Samstag, 24. Dezember 2016

Aargauer Saisonbilanz Teil III: Aargauer Cracks überzeugen national und international

In diesem Jahr haben die Aargauer Tenniscracks einmal mehr bewiesen, dass sie an nationalen Titelkämpfen zu den besten gehören – und zwar bei den Junioren, den Aktiven und den Senioren. Auch auf internationalem Parkett konnten sie einige Erfolge feiern.

Nicht weniger als 25 Medaillen konnten die Aargauer Vertreter an den Schweizer Meisterschaften in diesem Jahr gewinnen. Alexander Sadecky war der einzige Aargauer Akteur, der bei den Aktiven eine Medaille gewinnen konnte. An der Seite von Marc-Andrea Hüsler gewann er im Dezember in Biel die Goldmedaille im Doppel. Die anderen Aargauer Vertreter gingen leer aus.
Bei den Junioren schaffte Luca Keist (im Bild) als einziger Aargauer das Kunststück, sowohl im Winter als auch im Sommer Edelmetall zu gewinnen (Gold und Bronze im Einzel). Zusätzlich gewann er im Sommer auch noch Gold im Doppel. Damit war er der erfolgreichste Aargauer Medaillensammler in diesem Jahr. Kommt hinzu, dass er im Februar auch noch den Titel beim internationalen Juniorenturnier Swiss Junior in Oberentfelden gewinnen konnte und im Juli an der U18-EM in Klosters mit seinem Viertelfinalvorstoss für Aufsehen sorgte.

Zwölf Aargauer Senioren an der WM
Bei den Senioren konnten mit Alain Dedial (35+), Michelle Paroubek (45+) und Daniel Müller (55+, im Bild) drei Aargauer gleich zwei Medaillen gewinnen. Die Aargauer Senioren waren zudem vor allem bei der Winter Ausgabe der nationalen Titelkämpfe für eine wahre Medaillenflut besorgt. Nicht weniger als 13 Medaillen konnten sie bei ihrer Heim-SM sammeln.
Erfreulich ist auch die Anzahl der Aargauer Seniorinnen und Senioren, die in diesem Jahr die Schweiz an der Team-Weltmeisterschaft vertreten haben. Nicht weniger als 12 (!) Athleten aus dem Kanton Aargau gingen auf Punktejagd. In der Kategorie 35+ war Marc P. Schärer dabei, bei den Seniorinnen 40+ war Michelle Paroubek am Start, in der Altersklasse 50+ spielte Sandra Hopfner, bei den über 55-Jährigen traten Martin Gloor und Daniel Müller an, in der Kategorie 60+ griffen Hans Huber und Ruedi Buergi zum Racket, bei den Senioren 70+ vertraten Milan Makanec und Peter Schoch die Schweiz, während in der Kategorie 75+ Peter Hausherr, Samuel Mathys und Marlyse Hubeli antraten.

Aargauer Junioren auch international stark
Auch bei den Junioren durften zwei Aargauerinnen die Schweizer Farben an internationalen Titelkämpfen vertreten. Sophie Lüscher (U14, im Bild) und Chelsea Fontenel (U12) konnten dank ihren starken Leistungen im Frühjahr an die Team-EM reisen. Die 14-jährige Seengerin Sophie Lüscher hat in diesem Jahr bei den U14-Juniorinnen bei internationalen Turnieren für Aufsehen gesorgt - unter anderem hat sie in Basel einen Turniersieg feiern können -, hat aber auch ihre ersten ITF-Punkte bei den U18-Junioren geholt und wird damit in der Weltrangliste geführt. Mit Jérôme Kym konnte ein weiterer Aargauer Junior auf internationalem Parkett überzeugen. Der Fricktaler gewann im Juli die U14-Kategorie der Swiss Junior Trophy in Oberentfelden.


Das sind die Aargauer Medaillengewinner:

Winter SM Aktive
Alexander Sadecky (Gold) im Doppel
Winter SM Junioren
Luca Keist (Gold), U18
Jonas Schär (Bronze), U16
Jérôme Kym (Bronze), U14
Chelsea Fontenel (Bronze), U12

Sommer SM Junioren
Luca Keist (Bronze), U18
Luca Keist und Sophie Lüscher (U14) gewannen zudem Gold im Doppel, Jérôme Kym (U14) gewann Silber im Doppel.

Winter SM Senioren
Michelle Paroubek (Gold), Kategorie 30+
Sandra Hopfner (Gold), Kategorie 50+
Hans Huber (Gold), Kategorie 65+
Alain Dedial (Silber), Kategorie 35+
Karin Amrein (Silber), Kategorie 45+
Samuel Mathys (Silber), Kategorie 75+
Beatrice Baumgartner-Ziegler (Bronze), Kategorie 45+
Franko Bujan (Bronze), Kategorie 45+
Daniel Müller (Bronze), Kategorie 55+
Robert Vögtlin (Bronze), Kategorie 60+
Claire Sutter (Bronze), Kategorie 60+
Stefan von Burg (Bronze), Kategorie 65+
Peter Hausherr (Bronze), Kategorie 75+

Sommer SM Senioren
Alain Dedial (Gold), Kategorie 35+
Michelle Paroubek (Silber), Kategorie 45+
Daniel Müller (Silber), Kategorie 55+

Text und Bilder von Fabio Baranzini

Aargauer Saisonbilanz Teil II: Der Aargau hat neu zwei NLB-Teams

Die abgelaufene Interclubsaison war für die Aargauer Spitzenteams sehr erfolgreich. Insbesondere für die erste Frauenmannschaft des TC Zofingen und die Männer des TC Teufenthal. Im zweiten Teil der Serie zum Jahresende werfen wir auch einen Blick auf die kantonalen Meisterschaften und die weiteren Turniere im Kanton.

Die erste Saison in der Nationalliga B war für die junge Zofinger Frauenequipe eine grosse Herausforderung. Dies vor allem deshalb, weil neben der sportlichen Challenge auch noch eine ungewöhnlich lange Verletztenliste dazukam. Neben dem Totalausfall der eigentlichen Teamleaderin Regina Kulikowa (Pfeiffersches Drüsenfieber) fielen während der Saison auch Michelle Fux, Corina Mäder und die kurzfristig verpflichtete Verstärkungsspielerin Daniela Vukovic aus. Umso höher ist daher das erfolgreiche Abschneiden der Zofingerinnen einzustufen, die den Ligaerhalt auf souveräne Art und Weise schafften. Am Ende resultierte der vierte Rang.
Erfreulich aus Aargauer Sicht ist, dass die Zofinger Frauen im kommenden Jahr Gesellschaft erhalten in der zweithöchsten Spielklasse des Landes. Die Männer des TC Teufenthal (im Bild) haben in diesem Jahr den vor der Saison angepeilten Aufstieg ins Trockene gebracht. Die junge Equipe, die vor sechs Jahren in der 3. Liga begonnen hatte, zeigte eine sehr starke Saison. Angeführt von Verstärkungsspieler Frank Wintermantel zeigte die Mannschaft von Captain Patrik Hartmeier, dass sie bereit ist für höhere Aufgaben. Nach dem souveränen Gruppensieg gewannen die Teufenthaler alle vier Aufstiegsspiele ohne dabei auch nur ein einziges Doppel spielen zu müssen. Im neuen Jahr folgt nun die Bewährungsprobe für die Teufenthaler, denn der Niveauunterschied von der Nationalliga C zur Nationalliga B ist beträchtlich.

Grosse Breite bei den Senioren
Zusätzlich werden im nächsten Jahr in der Nationalliga C bei den Aktiven sieben Teams vertreten sein. Es sind dies drei Teams aus Brugg (2x Frauen und 1x Männer), die Frauen des TC Entfelden, sowie die Männer des TC Lenzburg, des TC Aarau und des TC Rheinfelden. Die letzteren zwei Equipen haben in diesem Jahr den Aufstieg geschafft. Den Abstieg mussten dagegen die Frauen des TC Lenzburg und die Männer des TC Wohlen Niedermatten in Kauf nehmen. Bei den Seniorinnen und Senioren stellt der Kanton Aargau nicht weniger als 26 Equipen, die 2017 in den nationalen Ligen auf Punktejagd gehen werden.

Über 850 Teilnehmer
Die Aargauer Turnierlandschaft besteht jedoch aus weit mehr als nur dem Interclub. Auch bei den kantonalen Meisterschaften wurde in diesem Jahr tolles Tennis geboten. Bei den Aktiven sicherten sich Ignasi Villacampa-Rosés (im Bild) und Karin Kennel die Titel in der Königskategorie. Insgesamt nahmen bei allen fünf ausgetragenen Meisterschaften (Aktive outdoor, Junioren indoor und outdoor, Senioren indoor und outdoor) mehr als 850 Spielerinnen und Spieler teil. Einen Wermutstropfen gilt es aber dennoch zu verkraften: Die Aargauischen Senioren Hallenmeisterschaften fanden in diesem Jahr vorläufig zum letzten Mal statt.
Zudem fanden in der abgelaufenen Sommersaison auch wieder einige Traditionsturniere statt. So ging beispielsweise der Bad Zurzach Cup bereits zum 34. Mal über die Bühne, die Fricktaler Meisterschaften wurden gar bereits zum 49. Mal ausgetragen und die Freiämter Jung-/Seniorenmeisterschaften gingen in diesem Jahr in die 31. Runde. Im Februar wurde in Oberentfelden zudem erstmals seit vielen Jahren wieder ein Profiturnier im Kanton Aargau ausgetragen: das mit 25'000 Dollar dotierte ITF-Futureturnier.

Heimsieg für Keist
Auch auf Stufe der Junioren wurden auf Aargauer Boden zwei internationale Juniorenturniere durchgeführt - ebenfalls in Oberentfelden. Im Februar konnte mit Luca Keist vom Tennisclub Zofingen ein Aargauer das ITF-Grad-4-Turnier gewinnen. Die Sommerausgabe der Swiss Junior Trophy wurde in diesem Jahr zum zweiten Mal als ITF-Grad-2-Turnier ausgetragen und hat Spitzenspieler aus der ganzen Welt angelockt. Erfreulicherweise konnte mit Ylena In-Albon eine Schweizerin gewinnen, die auch im Aargau ihre Spuren hinterlassen hat. Die Walliserin spielte in diesem Jahr für das NLB-Team des TC Zofingen.

Text und Bild (Actionbild) von Fabio Baranzin, Gruppenbild von Harry Ingold

Aargauer Saisonbilanz Teil I: So haben die Aargauer Profis 2016 abgeschnitten

Stefanie Vögele, Amra Sadikovic, Karin Kennel und Chiara Frapolli sind die vier Aargauer Profispielerinnen, die derzeit im WTA Ranking geführt werden. Wir werfen einen Blick auf ihre Leistungen im Jahr 2016.

Stefanie Vögele ist auch zum Ende dieses Jahres die beste Aargauer Spielerin in der WTA-Weltrangliste. Ihre Saison verlief – nach einem vielversprechenden Start – allerdings eher durchzogen. Nach der Halbfinalqualifikation beim WTA-Turnier in Istanbul Ende April klopfte sie bereits wieder an die Tür der Top 100. Doch dann geriet ihr Aufstieg ins Stocken. In den darauffolgenden Wochen stimmten die Resultate nicht mehr und Vögele konnte ihr Potenzial nicht abrufen.
Gegen Ende der Saison kam sie wieder besser in Fahrt und erzielte einige gute Resultate. In der Weltrangliste wird sie derzeit auf Rang 114 geführt, nur unwesentlich besser als vor einem Jahr, als sie die Weltnummer 121 war. Dennoch blickt Stefanie Vögele der neuen Saison zuversichtlich entgegen. Im Interview erzählt die 26-Jährige, dass sie nach der schwierigen Zeit nach dem Tod ihres Vaters wieder bereit ist, voll anzugreifen. Nach der erstmaligen Saisonvorbereitung in Prag, die sie wie gewohnt mit ihrem Trainer Ivo Werner absolvierte, wird sie Ende Dezember im chinesischen Shenzen in die neue Saison starten und will möglichst schnell zurück in die Top 100.

Highlight in Wimbledon
Nach ihrem fulminanten Comeback im letzten Jahr schien der Aufstieg von Amra Sadikovic auch im Jahr 2016 ungebremst weiter zu gehen. In der Weltrangliste erreichte sie mit Rang 126 eine neue Bestmarke und qualifizierte sich in Wimbledon erstmals für das Hauptfeld eines Grand Slam Turniers. Und dort durfte sie erst noch gegen die damalige Weltnummer 1 Serena Williams auf dem Center Court antreten.
Trotz diesen Erfolgen trennte sie sich von ihrem Coach Muhamed Fetov. „Wir haben gut zusammen gearbeitet und Muhi hat als Coach einen tollen Job gemacht. Auch die Resultate waren bis zur Hälfte der Saison völlig in Ordnung. Ich merkte aber, dass wir gemeinsam nicht mehr weiterkommen. Das Gefühl stimmte bei mir nicht mehr und ich bin überzeugt, dass unter diesen Umständen der letzte Schritt in Richtung Top 100 nicht möglich gewesen wäre“, begründet Sadikovic ihren Entscheid und trainierte in der zweiten Saisonhälfte übergangsweise bei Eric van Harpen in Tiengen. Zudem musste sie sich mit verschiedenen Verletzungen herumschlagen, so dass sie nicht so viele Turniere wie geplant spielen konnte. So büsste Sadikovic zum ersten Mal seit ihrem Comeback Plätze in der Weltrangliste ein. Derzeit steht sie auf Rang 184. Im November hat sie in Allschwil mit Miles Sheldon einen neuen Trainer gefunden und arbeitet derzeit daran, sich für die erstmalige Teilnahme an der Qualifikation der Australian Open in Form zu bringen. Zuletzt wurde sie an den Schweizer Meisterschaften allerdings von einer Bauchmuskelzerrung ausgebremst.

Kennel mit leichter Steigerung
Die drittstärkste Aargauer Spielerin ist Karin Kennel. Die 21-jährige Entfelderin, die seit diesem Jahr von Tibor Vukajlovic trainiert wird, hat in diesem Jahr einige Erfolge feiern können. Unter anderem hat sie bei zwei Future Turnieren, die mit 10'000 Dollar dotiert waren, das Endspiel erreicht und stand ein weiteres Mal im Halbfinal. Dadurch hat sie sich in der Weltrangliste im Vergleich zum Vorjahr um gut 200 Ränge verbessert und hat die Saison auf Position 593 beendet. Bis zu ihrem besten Ranking – Platz 409, den sie im April 2014 erreicht hatte – fehlt allerdings noch einiges. Im Doppel war Karin Kennel in diesem Jahr erfolgreicher. Sie gewann gleich drei Turniere und kletterte im Juni in der Weltrangliste bis auf Rang 367 nach oben – ihr bislang bestes Ranking.

Nur unwesentlich besser klassiert
Chiara Frapolli komplettiert das Aargauer Quartett, das in der WTA-Rangliste geführt wird. Die 20-jährige aus Bergdietikon konnte sich in diesem Jahr allerdings nur unwesentlich verbessern. Das letzte Jahr hatte sie auf Rang 1071 abgeschlossen, derzeit steht sie auf Platz 989. Bei den insgesamt 25 Turnieren, die sie in diesem Jahr gespielt hat – vorwiegend Futureevents der untersten Kategorie – erreichte sie zwei Mal die Viertelfinals.

Text und Bilder von Fabio Baranzini

Dienstag, 20. Dezember 2016

"Ich bin kein Roboter ohne Gefühle“

Nach zwei schwierigen Jahren hat Stefanie Vögele den Tod ihres Vaters soweit verarbeitet, dass sie sich wieder voll und ganz auf den Tennissport konzentrieren und die Rückkehr in die Top 100 ins Visier nehmen kann.

Stefanie Vögele, Sie haben das Jahr 2016 auf Rang 122 begonnen und auf Platz 114 beendet. Insgesamt haben Sie 57 Partien bestritten – 28 gewonnen, 29 verloren. Das sieht auf dem Papier nach einem durchschnittlichen Jahr ohne viel Spektakel aus.
Ja, das trifft es ganz gut. Ich wollte unbedingt zurück in die Top 100 und hatte das Jahr auch gut begonnen. Unter anderem erreichte ich in Istanbul die Halbfinals und war auf gutem Weg, mein Ziel zu erreichen. Nach Roland Garros zog ich dann aber eine schwache Phase ein, in der ich mein Potenzial nicht ausschöpfen konnte.

Im letzten Jahr haben die Schweizer Tennisspielerinnen viel von sich reden gemacht. Neben den beiden Topspielerinnen Timea Bacsinszky und Belinda Bencic ist auch Viktorija Golubic der Durchbruch gelungen, Rebeka Masarova hat in Paris und Gstaad für Furore gesorgt und Patty Schnyder erregte mit ihrem Comeback einiges Aufsehen. Sie sind dagegen fast etwas in Vergessenheit geraten. Hat Sie das geärgert?
Nein, überhaupt nicht. Es ist doch toll, wenn die Schweizer Tennisspielerinnen stark spielen. Gerade Viktorija hat lange dafür gekämpft, dass sie den Durchbruch schafft. Es ist daher absolut verdient, dass sie auch mehr in der Öffentlichkeit stand. Das hat mich nicht gestört.

Sie haben in der letzten Saison 29 Turniere gespielt. Damit liegen Sie über dem Durchschnitt der WTA-Tour. Von den Schweizer Profispielerinnen haben Sie gar am meisten Turniere bestritten. Wie kommt das?
Ja, ich habe wirklich sehr viel gespielt. Das werde ich im Hinblick auf die nächste Saison anpassen und vermehrt Trainingsblöcke einbauen. Dass ich in den letzten beiden Jahren so viele Turniere gespielt habe, war jedoch kein Zufall. Nach dem Tod meines Vaters durchlebte ich eine sehr schwierige Phase. Rückblickend betrachtet, habe ich wohl so viel gespielt, um mich abzulenken. Ich hielt es Zuhause nicht lange aus und reiste daher lieber ans nächste Turnier.

Wie haben Sie es geschafft, sich in dieser schwierigen Zeit trotzdem auf den Tennissport zu konzentrieren?
Das war nicht einfach. Es gab in den letzten zwei Jahren auch viele Matches, in denen mir das nicht gelungen ist. Nicht zuletzt deshalb bin ich auch im Ranking zurückgefallen. Aber am Ende war es dennoch das Tennis, das mir durch diese schwierige Zeit geholfen hat, obwohl die Resultate nicht so gut waren. Das war aber auch logisch, denn wenn ich mich nicht gut fühle, kann ich auch nicht erwarten, dass ich gut spiele. Ich bin schliesslich kein Roboter ohne Gefühle.

Haben Sie in dieser Phase daran gedacht, dem Tennissport den Rücken zu kehren?
Nein, das war nie ein Thema. Natürlich hätte ich auch eine Auszeit nehmen und nach einem halben Jahr oder einem Jahr mit einem Protected Ranking auf die Tour zurückkehren können. Aber das wollte ich nicht. Ich wollte Tennisspielen, auch wenn die Resultate nicht super waren und mich hin und wieder Selbstzweifel plagten. Aber ich definiere mich ja nicht über die Weltranglistenposition. Ich bin kein besserer Mensch, nur weil ich besser klassiert bin.

Wie geht es Ihnen heute?
Es geht mir wieder deutlich besser. Ich denke noch immer jeden Tag an meinen Vater, aber mittlerweile überwiegen die schönen Erinnerungen und ich werde nicht mehr jedes Mal traurig. Ich habe auch viel mit meiner Familie darüber gesprochen und die Hilfe eines Psychiaters in Anspruch genommen. Das hat mir sehr geholfen.

Sie sind in dieser schwierigen Zeit von Biel zurück nach Leuggern zu Ihrer Familie gezogen und haben die letzten drei Jahre auch dort trainiert. Welche Bedeutung hat der Ort für Sie?
Ich bin damals nach Leuggern zurückgekehrt, weil ich mehr Zeit mit meiner Familie verbringen wollte. Leuggern ist mein Zuhause. Es ist der Ort, an dem ich aufgewachsen bin und wo ich vom Tenniszirkus Abstand gewinnen kann. Ich kann abschalten und etwas mit meinen Kolleginnen unternehmen. Ich habe noch immer ein gutes Verhältnis zu meiner Mutter und sie freut sich immer, wenn ich da bin.

Trotzdem haben Sie sich entschieden, künftig mit Ihrem Trainer Ivo Werner in Prag und nicht mehr in Leuggern zu trainieren. Wie kam es dazu?
Vor rund einem Jahr habe ich mit meiner Kollegin Klara Koukalova in Prag trainiert. Es hat mir sehr gut gefallen und ich habe danach zwei gute Turniere gespielt. Im letzten Frühling war ich erneut dort und habe dann in Istanbul die Halbfinals erreicht. Ich habe gemerkt, dass es mir extrem hilft, wenn ich mit Spielerinnen auf meinem Level trainieren kann. Das ist in Prag problemlos möglich. Es sind meistens zehn bis fünfzehn starke Spielerinnen dort. Daher habe ich mich entschieden künftig in Prag zu trainieren. Nach drei Jahren in Leuggern fühle ich mich jetzt breit für etwas Neues.

Sie haben auch den Saisonaufbau in Prag bestritten. Welchen Schwerpunkt haben Sie gesetzt?
Mein Fokus lag auf dem konditionellen Bereich. Den hatte ich während meiner Zeit in Leuggern etwas vernachlässigt, da mir aufgrund der schwierigen privaten Situation oftmals die Kraft dafür gefehlt hat. Das will ich nun ändern, denn ich habe gemerkt, dass ich – je länger ein Turnier gedauert hat – immer mehr ans Limit gekommen bin. In den wichtigen Matches war die Luft draussen. Der Unterschied, wie ich mich in der ersten Runde bewegt habe und wie ich im Halbfinal unterwegs war, war viel zu gross. Ich bin daher überzeugt, dass ich die Top 100 in diesem Jahr knacken kann, wenn ich konditionell einen Sprung nach vorne mache.

Text und Bilder von Fabio Baranzini

Montag, 19. Dezember 2016

Beim Physiotherapeuten statt auf dem Tennisplatz

Amra Sadikovic wurde bei den Schweizer Meisterschaften in Biel von einer Bauchmuskelzerrung ausgebremst. Die erstmalige Teilnahme an den Australian Open Mitte Januar sollte aber nicht in Gefahr sein.

Nein, so hatte sich Amra Sadikovic ihren Auftritt an den Schweizer Meisterschaften in Biel garantiert nicht vorgestellt. Nach einem souveränen Sieg in ihrem ersten Match gegen Fiona Ganz musste die top gesetzte Sadikovic im Viertelfinal die Segel streichen. Gegen die klare Aussenseiterin Nina Stadler – die Ostschweizerin belegt in der Weltrangliste Platz 756 und ist damit beinahe 600 Ränge hinter Sadikovic klassiert – unterlag die 27-Jährige nach gewonnenem Startsatz mit 7:6, 4:6, 5:7.

Schmerzen bei Vorhand und Aufschlag
Doch es gibt einen Grund für das überraschende Aus der grossen Titelfavoritin: Bereits in den Wochen vor dem Turnier hatte Sadikovic mit einer Bauchmuskelzerrung zu kämpfen und entschied daher erst am Tag ihrer Erstrundenpartie, ob sie die nationalen Titelkämpfe überhaupt bestreiten soll. „Der Verband hat mich in diesem Jahr sehr stark unterstützt und ich wollte daher als Dankeschön unbedingt mitspielen“, so Sadikovic. „Beim Einspielen vor meinem ersten Match war alles in Ordnung und auch das erste Match war gut. Doch im Viertelfinal kehrten die Schmerzen zum Ende des ersten Satzes zurück.“
Sadikovic biss auf die Zähne und spielte die Partie zu Ende. Allerdings nicht mehr mit letzter Konsequenz. „Beim Aufschlag und bei der Vorhand verspürte ich starke Schmerzen. So konnte ich das Match nicht mehr gewinnen“, sagt Sadikovic, die aufgrund der Probleme mit der Bauchmuskulatur nach ihrem Aus im Einzel die Teilnahme an der Doppelkonkurrenz absagte.

Vorfreude auf Australien
Die aktuelle Nummer 184 der Weltrangliste muss sich nun in Geduld üben. Die nächsten acht Tage wird sie das Tennisracket nicht in die Hand nehmen und dafür intensiv mit dem Physiotherapeuten arbeiten. „Ich darf nichts machen, wo die Rotation ins Spiel kommt. Ich muss daher praktisch alle Trainings auslassen, ausser das Ausdauertraining. Aber in diesem Bereich muss ich sowieso noch arbeiten“, beweist Sadikovic in der für sie unangenehmen Lage Galgenhumor. Trotzdem nimmt sie die Bauchmuskelprobleme nicht auf die leichte Schulter. „Die Verletzung macht mir schon etwas Sorgen, denn ich ziehe sie nun schon über einige Wochen mit. Eine solche Verletzung bin ich mir nicht gewohnt“, so Sadikovic.
Kommt hinzu, dass der Zeitpunkt denkbar ungünstigen ist. In den nächsten Tagen wären weitere intensive Trainings auf dem Tennisplatz auf dem Programm gestanden, um sich für die Qualifikation der Australian Open, die am 12. Januar beginnt, optimal in Form zu bringen. „Ich hoffe sehr, dass die Pause reicht, um die Bauchmuskelzerrung auszukurieren, denn ich möchte unbedingt fit nach Australien reisen“, so Sadikovic. Für die Offensivspezialistin wäre es die erste Teilnahme überhaupt beim ersten Grand Slam Turnier des Jahres. „Ich freue mich sehr auf das Turnier in Australien, da ich es noch nicht kenne. Das wird sicher speziell“, blickt Sadikovic auf den Start in die neue Saison voraus.

Text und Bild von Fabio Baranzini