Tennisspielen, Singen und Filme synchronisieren – die 12-jährige Chelsea Fontenel bringt viele verschiedene Talente mit und träumt davon, die erste singende Profispielerin zu werden.
Match for Africa 2014: Das Hallenstadion ist ausverkauft. 11'000 Zuschauer sind da, um das Duell zwischen Roger Federer und Stan Wawrinka zu verfolgen. Alle – die beiden Schweizer Superstars inklusive - blicken gespannt auf den Center Court, wo die Scheinwerfer auf Chelsea Fontenel gerichtet werden. Eine Situation, die wohl bei praktisch jedem für feuchte Hände, Schweissausbrüche und Herzrasen gesorgt hätte. Nicht aber bei Chelsea Fontenel. Die damals gerade mal 10 Jahre junge Aargauerin zeigt sich von der grossen Kulisse unbeeindruckt und begeistert das Publikum mit ihrer Interpretation des Tina Turner Hits „Simply The Best“.
„Ich fühlte mich wie in einer grossen Schüssel. Alle starrten mich an, aber es war eine grossartige Atmosphäre. Ich habe noch nie vor so vielen Leuten singen dürfen. Es war einfach toll“, erinnert sie sich heute – etwas mehr als zwei Jahre später – an ihren grossen Auftritt. Natürlich ist auch das Treffen mit ihrem Idol Roger Federer, mit dem sie gar ein paar Bälle schlagen durfte, noch immer präsent. „Das vergesse ich nie mehr in meinem Leben“, sagt sie lachend.
Grosses Interesse
Nach ihrem grossen Auftritt am Match for Africa war Chelsea Fontenel auf einen Schlag in aller Munde. „Prinzessin der Herzen“ titelte beispielsweise der „Blick“ nach ihrer Gesangseinlage im Hallenstadion. Etliche Anfragen für weitere Auftritte, sowie für TV- und Zeitungsinterviews prasselten auf Chelsea Fontenel und ihre Familie ein. Das Telefon klingelte ununterbrochen. Eine ungewohnte Situation für die Primarschülerin aus Kaiseraugst. Eine Situation aber, die sie erstaunlich abgeklärt und professionell meisterte. „Ich habe den Hype genossen, denn ich wusste auch, dass er sich schnell wieder legen wird. Aber es gibt doch nichts Schöneres, als Tennis zu spielen und zu singen und den Leuten gefällts auch noch“, so Chelsea Fontenel, die das TV-Publikum bereits vor ihrem Auftritt am Match for Africa mit ihren Gesangskünsten in der deutschen Castingsendung „The Voice Kids“ überzeugen konnte.
Doch Chelsea Fontenel kann noch viel mehr, als einfach „nur“ gut singen. Die mittlerweile 12-jährige Aargauerin ist auch eine talentierte Tennisspielerin. Die R2-Spielerin ist in ihrem Jahrgang die Nummer zwei des Landes und durfte im letzten Jahr die Schweiz zwei Mal an der Team-EM vertreten. Zuletzt konnte sie auch erste Erfolge in den älteren Juniorenkonkurrenzen und bei Erwachsenenturnieren feiern.
Während Chelsea Fontenel für ihre musikalischen Erfolge kaum arbeiten muss – sie hat bislang noch keine einzige Gesangsstunde besucht und übt einfach dann, wenn sie Lust dazu hat -, investiert sie viel in ihre Erfolge auf dem Tennisplatz. Rund 14 Stunden pro Woche trainiert sie unter der Leitung von Alain Dedial im aargauischen Birrhard. Im letzten Sommer, als für Chelsea Fontenel der Wechsel in die Bezirksschule anstand, hat die Familie gar den Wohnort verlegt, um die Trainingsbedingungen weiter zu verbessern. Von Kaiseraugst sind sie nach Wettingen gezogen, damit der Weg in die Trainings kürzer ist und Chelsea eine Privatschule besuchen kann, wo sie nur morgens Unterricht hat und am Nachmittag trainieren kann.
Die vielen Fähigkeiten von Multitalent Chelsea Fontenel – in der Zwischenzeit ist sie unter anderem in der Weihnachtsshow von Schlagerstar Helene Fischer aufgetreten und hat Hauptdarstellerin Annie in der gleichnamigen amerikanischen Filmproduktion die deutsche Synchronstimme geliehen – stellen ihr Umfeld vor grosse Herausforderungen. Wie viele und welche Anfragen für Auftritte sollen sie annehmen? Wer organisiert und koordiniert die musikalischen Engagements? Wer schaut, dass die Tenniskarriere nicht zu kurz kommt? Und vor allem: Wie sollen die vielen Termine geplant werden, damit genügend Freizeit bleibt? Immerhin wird Chelsea Fontenel im Juni erst 13 Jahre alt. Keine einfache Aufgabe.
„Wir kamen schnell zum Schluss, dass wir ein professionelles Management brauchen, um die Musik und den Sport sauber aufgleisen und die Familie finanziell entlasten zu können“, so ihr Tennistrainer und Mentor Alain Dedial. Doch das war einfacher gesagt als getan, denn mit der Kombination Tennis und Musik hatte kaum jemand Erfahrung. Daher entschied sich der ehemalige Profispieler und Inhaber der dedial TENNIS ACADEMY, das Management von Chelsea Fontenel selber in die Hand zu nehmen. Ein Entscheid, der sich bewährt hat. „Wir sind auf dem richtigen Weg und ich bin überzeugt, dass wir Erfolg haben werden. Unter anderen dürfen wir auf die Unterstützung der ‚Roger Federer Foundation’ zählen, was für uns einem Ritterschlag gleich kommt. Aber der Zeitaufwand ist gross und wir sind nach wie vor auf finanzielle Hilfe von Sponsoren angewiesen, damit wir das Projekt langfristig weiterziehen können“, hält Dedial fest.
Derzeit sind rund zehn Gesangsauftritte pro Jahr geplant, die etwas Geld in die Kasse des Projekts spülen. Die meisten musikalischen Engagements finden dabei im Rahmen von Charity Anlässen statt. „Es ist toll, dass ich mit meiner Musik anderen Menschen helfen kann. Das erfüllt mich sehr“, sagt Chelsea Fontenel, seit vier Jahren jeweils an der Unicef- und der Hope-Gala auftritt. Bei letzterer ist sie gar die jüngste Botschafterin überhaupt.
Harte Arbeit ist gefragt
Obwohl sich Chelsea Fontenel noch nicht endgültig festlegen will, ob sie dereinst auf die Karte Tennis oder Musik setzen will – am liebsten wäre sie die erste singende Profitennisspielerin - , tendiert sie zum Sport. „Tennis ist ehrlicher. Während man in der Musik auch einfach mal Glück haben kann, wenn man zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist, muss man im Tennis für den Erfolg hart arbeiten. Daran führt kein Weg vorbei. Das gefällt mir.“ Genau diese Einstellung ist es, die Coach Alain Dedial als grösste Stärke von Chelsea Fontenel ausmacht. „Sie ist trotz ihrem Talent und ihren vielen Erfolgen auf dem Boden geblieben und ist bereit, hart zu arbeiten. Diese Persönlichkeit ist das Geheimnis einer guten Athletin“, so Dedial, der überzeugt ist, dass Fontenel dereinst den Sprung an die Weltspitze schaffen wird.
Vorerst werden aber kleinere Brötchen gebacken. Chelsea Fontenel strebt in diesem Jahr eine N4-Klassierung an, möchte einige internationale U14-Turniere bestreiten und im Dezember zum ersten Mal an der Qualifikation für die Schweizer Meisterschaften der Aktiven teilnehmen. Und auch wenn diese Ziele durchaus ambitioniert sind, traut man es Chelsea Fontenel durchaus zu, dass sie diese erreicht. Vor allem dann, wenn sie ihre erfrischende Unbekümmertheit beibehalten kann.
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