Posts mit dem Label Profi werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Profi werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Dienstag, 5. Januar 2016

Nach schwierigem Jahr den Tritt wieder gefunden

Die 20-jährige Profispielerin Karin Kennel blickt nach einem schwierigen Jahr wieder positiv in die Zukunft und ist bereit, an alte Erfolge anzuknüpfen

Das Jahr 2015 verlief für Karin Kennel nicht nach Wunsch. Die drittbeste Aargauer Profispielerin hinter Stefanie Vögele und Amra Sadikovic konnte zwar seit Februar nach einer hartnäckigen Fussverletzung, die sie beinahe neun Monate komplett ausser Gefecht gesetzt hatte, wieder schmerzfrei spielen. Doch der Weg zurück erwies sich als sehr steinig. Bei den ersten sieben Turnieren verlor die 20-jährige Enfelderin gleich sechs Mal in der ersten Runde. „Ich war nervös, die Matchpraxis fehlte und ich war teilweise mit dem Tempo meiner Gegnerinnen überfordert“, benennt Kennel ihre Probleme.

Der Anhaltspunkt fehlte
Unter dieser Situation litt auch das Selbstvertrauen. Die Konsequenz der Negativspirale: Statt in der Weltrangliste wieder Boden gut zu machen, fiel die ehemalige Nummer 409 der Welt aus den Top 900 und fand sich in den Qualifikationsmühlen der kleinere Profiturniere wieder. Kam erschwerend hinzu, dass ihr Coach Glenn Schaap, mit dem Karin Kennel im nationalen Leistungszentrum von Swiss Tennis drei Jahre zusammen gearbeitet hatte, den Verband verliess. Kennel musste den Trainer wechseln, fand jedoch in Biel keine passende Alternative und entschied sich, den Verbandsstützpunkt ebenfalls zu verlassen.
Einige Monate schlug sich Kennel daraufhin alleine durch. Trainings und Reisen organisierte sie selber und an den Turnieren war sie zumeist ohne Begleitung unterwegs. Keine optimalen Voraussetzungen also, um wieder an frühere Erfolge anzuknüpfen. „Das war eine schwierige Phase. Ich hatte in diesen Monaten keinen Anhaltspunkt, wusste nicht recht, wo ich im Training stand und war etwas verloren“, beschreibt Karin Kennel.

Drei Titel im Doppel
In der zweiten Saisonhälfte konnte sich die U18-Vize-Europameisterin dann aber steigern. Drei Mal erreichte sie bei Profiturnieren der untersten Kategorie die Halbfinals und konnte sich immerhin wieder bis auf Rang 709 vorkämpfen. Im Doppel gewann sie gar drei Turniere und gehört zu den besten 400 Spielerinnen der Welt. Mit dem Erfolg im Doppel kam auch die Freude zurück. „Früher hasste ich das Doppel. Mittlerweile verstehe ich das Spiel aber und habe richtig Spass daran. Mein Volley wurde dadurch viel besser und ich traue mich auch im Einzel öfters ans Netz“, sagt Kennel, die auch künftig regelmässig im Doppel antreten wird. In der Zwischenzeit hat Karin Kennel zudem auch eine neue Trainingsbasis gefunden.
Seit Oktober trainiert sie in der Swiss Tennis Partner Academy Tif in Frenkendorf, wo sie wieder mit ihrem früheren Coach Glenn Schaap zusammenarbeiten kann. „Ich blieb immer mit Glenn in Kontakt, denn für mich war klar, dass ich wieder mit ihm arbeiten wollte. Er ist der perfekte Coach für mich, mit ihm konnte ich meine grössten Erfolge feiern“, so Kennel. Gemeinsam mit Schaap will Karin Kennel möglichst schnell an die alten Erfolge anknüpfen und in der Weltrangliste wieder Boden gut machen.

Text und Bild von Fabio Baranzini

Montag, 21. Dezember 2015

Aargauer Saisonbilanz Teil I: So haben die Aargauer Profispielerinnen abgeschnitten

Im ersten Teil der Saisonbilanz durch die Aargauer Brille legen wir den Fokus auf die Profispielerinnen aus dem Kanton. Es sind dies Stefanie Vögele, Amra Sadikovic, Karin Kennel und Chiara Frapolli.

Aus diesem Quartett sticht in diesem Jahr eine Spielerin heraus: Amra Sadikovic. Die 26-Jährige aus Birr hat im Mai 2014 den Rücktritt vom Spitzensport bekannt gegeben. Doch nur etwas mehr als ein Jahr danach wagte sie die Rückkehr. „Das Leben als Tennisprofi ist extrem schön. Das habe ich aber während meiner Aktivzeit nicht voll ausgekostet. Das will ich jetzt unbedingt nachholen“, begründete sie Anfang Juni ihren Entscheid. Und dieser Entscheid erwies sich bisher als goldrichtig.
Nach 13 Turnierteilnahmen steht die 26-Jährige bereits wieder auf Rang 216 der Welt. Nur noch 37 Ränge fehlen ihr, um ihr bisher bestes Ranking – Rang 179 – zu egalisieren. Dass ihr dies gelingt, ist durchaus realistisch, denn in den kommenden sechs Monaten hat Sadikovic keinerlei Punkte zu verteidigen. Kommt hinzu, dass sie seit ihrem Comeback äusserst konstant aufgespielt und kaum je gegen schlechter klassierte Gegnerinnen verloren hat. Im Gegenteil: Mit Kaia Kanepi und Aleksandra Krunic konnte sie bereits zwei Spielerinnen aus den Top 100 der Welt schlagen. Wenn Amra Sadikovic, die von Muhamed Fetov betreut wird, weiterhin so konstant aufspielt und den Fokus nicht verliert, liegt im nächsten Jahr einiges drin.

Vögele auf dem Weg zurück
Diese scheinbare Leichtigkeit, mit der Amra Sadikovic dieses Jahr Erfolg an Erfolg gereiht hat, ist Stefanie Vögele dagegen etwas abhanden gekommen. Die beste Aargauer Tennisspielerin, die zuletzt zwei Jahre in Folge im erlauchten Kreis der Top 100 der Welt hat beenden können, hat ein schwieriges Jahr hinter sich. Nach dem Tod ihres Vaters vor rund eineinhalb Jahren ist der Sport in den Hintergrund gerückt. Vögele konnte nicht mehr frei aufspielen und ihr gesamtes Leistungspotenzial abrufen, wie sie im Gespräch mit der az Aargauer Zeitung erzählte. Die Konsequenz: In der Weltrangliste rutschte sie von Rang 78 bis auf Position 165 ab.
Erfreulicherweise konnte sie sich zum Ende aber der Saison wieder fangen. Sie qualifizierte sich in Tashkent und Linz fürs Hauptfeld und erreichte in Luxemburg gar die Halbfinals. Ihre Formkurve zeigt also wieder deutlich nach oben. Bereits in dieser Woche steht Vögele bei einem kleineren Turnier in Bangkok wieder im Einsatz und versucht, sich im Ranking nach vorne zu arbeiten, damit ihr der Gang durch die Qualifikation an den Australian Open im Januar erspart bleibt.

Aufwärtstrend nach schwieriger Saison
2015 war auch für Karin Kennel kein Glanzjahr. Die 20-jährige Entfelderin hatte noch immer mit den Nachwehen ihrer hartnäckigen Fussverletzung zu kämpfen. Im Februar gab sie nach acht Monaten ihr Comeback. Der Fuss hielt, doch die Resultate stimmten nicht. Bei den ersten sieben Turnieren verlor sie sechs Mal in der ersten Runde. „Ich war nervös, die Matchpraxis fehlte und ich war teilweise mit dem Tempo meiner Gegnerinnen überfordert“, benennt Kennel ihre Probleme. Darunter litt auch das Selbstvertrauen. Die Konsequenz dieser Negativspirale: Statt im Ranking wieder Boden gut zu machen, fiel sie immer weiter zurück und fand sich in den Qualifikationsmühlen der kleinere ITF-Turniere wieder. Kam hinzu, dass ihr Coach Glenn Schaap, mit dem sie im nationalen Leistungszentrum von Swiss Tennis drei Jahre zusammen gearbeitet hatte, den Verband verliess. Kennel musste den Trainer wechseln, fand jedoch in Biel keine passende Lösung und entschied sich, den Verbandsstützpunkt ebenfalls zu verlassen.
In der zweiten Jahreshälfte lief es Karin Kennel dann wieder besser. Sie erreichte drei Mal die Halbfinals bei Profiturnieren auf der untersten Stufe und gewann drei Titel im Doppel. So konnte sie sich immerhin wieder bis auf Rang 756 im Einzel vorkämpfen und steht im Doppel auf Position 384 – so hoch wie nie zuvor. Diese Woche bestreitet sie ein Turnier in Antalya.

Erste WTA-Punkte und Verletzungspech
Erstmals im WTA-Ranking geführt wird Chiara Frapolli. Die 19-Jährige aus Bergdietikon, die im Sommer 2014 U18-Schweizer Meisterin geworden war, hat nach dem Wechsel ihres Trainingsstandorts – neu trainiert sie Waldshut-Tiengen – ihre ersten sieben WTA-Punkte sammeln können und wird derzeit auf Rang 1102 geführt. Trotz den jüngsten Erfolgen hat Frapolli immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen.

Text und Bild (Amra Sadikovic und Karin Kennel) von Fabio Baranzin, Bild (Stefanie Vögele) Facebook

Dienstag, 15. Dezember 2015

Für einmal nur in der Aussenseiterrolle

Morgen beginnen in Biel die Schweizer Meisterschaften. Mit dabei sind auch in diesem Jahr fünf Vertreter aus dem Kanton Aargau. Im Vergleich zu den letzten Jahren gehören sie diesmal aber nicht zum engsten Favoritenkreis.

Seit 2010 hat an den Schweizer Meisterschaften in Biel immer mindestens ein Aargauer Vertreter die Halbfinals erreicht. Für die meisten Erfolge waren dabei jeweils der Würenloser Alexander Sadecky (ein Mal Sieger, ein Mal Finalist, zwei Mal Halbfinalist) und Amra Sadikovic aus Birr (ein Mal Siegerin, zwei Mal Halbfinalistin) besorgt. Sadikovic, die in diesem Jahr ein fulminantes Comeback auf der WTA-Tour hingelegt hat und bereits wieder an die Tür der Top 200 der Welt klopft, ist in diesem Jahr nicht am Start. Sie bestreitet diese Woche ein mit 50'000 Dollar dotiertes ITF Turnier in Ankara.
Mit dabei ist dagegen Alexander Sadecky (N2, 11, im Bild). Und der ehemalige Profispieler ist denn auch in diesem Jahr wieder die grösste Aargauer Hoffnung bei den Männern. Neben Sadecky treten mit Oliver Mrose (N2, 23) und Luca Keist (N3, 60), der sich als Qualifikant ins Hauptfeld gespielt hat, zwei weitere Aargauer an. Und die beiden treffen in der ersten Runde gleich aufeinander. Der Sieger dieses Aargauer Kräftemessens wird sich in der zweiten Runde gleich nochmals ein kantonsinternes Duell mit Alexander Sadecky liefern. So wird sich also mindestens ein Aargauer für die Viertelfinals qualifizieren können, wo er sich vorausslichtlich mit der Turniernummer zwei Adrien Bossel (N1, 5) messen wird.

Kennel mit den besten Karten
Bei den Frauen lasten die Hoffnungen aus Aargauer Sicht in Abwesenheit der beiden Topcracks Amra Sadikovic und Stefanie Vögele auf den Schultern der 20-jährigen Karin Kennel (N2, 14, im Bild). Die junge Entfelderin hat nach einer langen Verletzungspause im Vorjahr eine schwierige Saison hinter sich, in der nicht alles nach Wunsch gelaufen war. In jüngster Vergangenheit konnte sie jedoch wieder einige Achtungserfolge feiern und hat vor Wochenfrist bei einem Profiturnier in Tunesien die Halbfinals erreicht. Läuft alles nach Papierform trifft Kennel in den Viertelfinals auf die top gesetzte Viktorija Golubic (N1, 7).
Neben Kennel steht mit Chiara Frapolli (N2, 21) noch eine weitere Aargauerin im Hauptfeld der Schweizer Meisterschaften. Die Bergdietikerin, die in diesem Jahr ihre ersten WTA-Punkte sammeln konnte, jedoch auch immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen hatte, trifft in der ersten Runde auf Nina Stadler (N2, 18). Bei einem Sieg würde ein Duell mit Lisa Sabino (N2, 13) auf Frapolli warten. 

Text und Bilder von Fabio Baranzini

Mittwoch, 11. November 2015

Der Sport wird zur Nebensache

Die Aargauerin Stefanie Vögele leidet immer noch unter dem Tod ihres Vaters. Im Gespräch mit der Aargauer Zeitung erklärt sie, was sich seit dem Schicksalsschlag verändert hat und wie sie die schwierige Saison erlebt hat.

Sentimentalitäten haben im Profisport keinen Platz. Das Geschäft ist knallhart. Wer nicht funktioniert, fliegt gnadenlos raus. Seit gut zweieinhalb Jahren kämpft die Aargauer Tennisspielerin Stefanie Vögele auf dem Platz nicht nur gegen ihre Konkurrentin, sondern auch gegen sich selbst. Ihr geliebter Vater er- krankte an Krebs, vor 14 Monaten ist Bruno Vögele gestorben. Die 25-Jährige war blockiert, konnte ihr Potenzial nicht mehr abrufen.
Vor zwei Jahren stand die Aargauerin auf Platz 42 der Welt. Vor vier Wochen war sie bis auf Rang 165 zurückgefallen. Doch so langsam findet sie wieder aus dem Tief. Sie hat sich gefangen und geht auch wieder als Siegerin vom Platz. Seit den Turnieren nach dem US Open im September geht es ihr besser. Das hat ihr Sicherheit auf dem Platz gegeben. Zwar sind ihre Resultate noch nicht berauschend gewesen, aber sie habe ein gutes Gefühl gehabt. "Das war wieder ein Anfang."

Leben hat sich total verändert
"Ich brauchte Zeit, um diese ganze Situation zu verarbeiten", sagt sie. Ihr Leben hat sich total verändert. Plötzlich wurden ganz andere Fragen in ihrem Leben wichtig. Sieg oder Niederlage auf dem Tennisplatz rückten in den Hintergrund. "Es wäre aber auch komisch gewesen, wenn ich keine Probleme damit gehabt hätte", sagt Vögele. "Und ganz werde ich den Tod meines Vaters wohl nie überwinden."
Obwohl die Situation schwierig gewesen ist, wollte sie zu keinem Zeitpunkt eine längere Pause einlegen oder gar aufhören. "Mir war lieber, an ein Turnier zu fahren und es zu versuchen, als zu Hause rumzusitzen. Denn das wäre noch viel schlimmer gewesen." Sie sei zu dieser Zeit schon etwas verloren gewesen. "Mein Vater hat mir sehr viel bedeutet", sagt sie. Vor allem auch im Tennis, er habe sie ja am meisten unterstützt. "Es war sehr schwer, diese Wurzeln zu verlieren, aber jetzt habe ich wieder Boden unter den Füssen", erklärt sie. "Ich kann nun damit besser umgehen und mich auf dem Platz besser konzentrieren." Ihre ganze Familie hat sehr unter dem Verlust gelitten. Deshalb hat Vögele auch Hilfe von aussen gesucht. "Ich bin zu einem Psychiater nach Basel gegangen, den hat mir meine Schwester empfohlen, jemanden, der überhaupt nichts mit Sport zu tun hat", erzählt sie. "Er hat mir sehr viel geholfen, obwohl ich noch nicht allzu oft bei ihm gewesen bin", sagt sie. "Wir haben geredet, er hat mir alles erklärt, auch dass es völlig normal und okay ist, dass ich leide."
Sie habe dann nur noch wenig in den Zeitungen gelesen. "Jetzt regen mich negative Artikel aber nicht mehr so auf, das ist nicht so wichtig", betont sie. "Bei Niederlagen störte mich, dass ich nicht frei spielen konnte, kein gutes Tennis gezeigt habe." Es sei aber zu diesem Zeitpunkt wichtiger gewesen, andere Blockaden zu lösen, als übers Tennis zu grübeln. "Jetzt bin ich froh, dass es mir wieder besser geht, und vor allem, dass ich einen Weg gefunden habe, damit umzugehen", sagt sie. Ihre Einstellung hat sich geändert, auch wenn es noch Zeit braucht. "Es war für mich unvorstellbar, dass meine Eltern sterben könnten ich dachte immer, sie leben ewig", blickt sie zurück. Jetzt sieht sie jeden Tag als Geschenk. Nur: Wenn sie nach ein paar Matches müde ist, fällt sie ins alte Muster zurück. "Manchmal rege ich mich über Sorgen auf, die gar keine sind", gibt sie zu. Sie müsse sich sagen, es sei ein Spiel, ein Sport. Manchmal sei halt die Gegnerin besser. "Wichtig ist, dass ich mit mir zufrieden bin."

Den Spass nie verloren
Spass an ihrem Sport hat sie eigentlich immer gehabt, auch wenn es nicht so ausgesehen hat. Schliesslich war Tennis seit je ihre Leidenschaft. Und als Kämpferin ist sie sowieso bekannt. Zuletzt hat sie sogar an zwei Fronten gekämpft. "Auf dem Platz und daneben, wo ich mein Herz wieder heilen, mich wieder finden musste." Auch innerhalb der Familie hat sich vieles zum Guten verändert. Jetzt kann sie ihr auch wieder Halt geben.
Inzwischen wohnt Vögele wieder in ihrem Elternhaus in Leuggern. Sie werde aber in Zukunft vermehrt Trainingstage mit anderen Spielerinnen einlegen, so wie zuletzt vier Tage in Prag. Mit diesen Kolleginnen, unter anderem der Luxemburgerin Mandy Minella, hat sie ein wenig über ihre Probleme gesprochen, aber nicht im Detail. "Ich wollte sie nicht mit meinen Problemen belasten. Schliesslich muss sich jede Spielerin auf den Sport konzentrieren."
Sportlich hat ihr das Turnier in Linz vor vier Wochen einen wichtigen Schub gegeben, mit vier Siegen in Folge. "Das habe ich mir gewünscht, wieder einmal viele Matches auf gutem Niveau zu spiele", sagt Vögele. Ihr Tennis sei aber durch den Schicksalsschlag sicher nicht schlechter geworden, meint sie. "Natürlich gibt es auch immer Dinge, die ich noch verbessern kann. Aber mein Aufschlag wird sicher nicht mehr Extraklasse."
Noch ist die Saison für Vögele nicht zu Ende. Gestern scheiterte sie in Limoges an Mandy Minella. Taipeh und Japan stehen noch auf dem Programm. Vögele versucht, sich auf der Weltrangliste noch um rund 20 Plätze zu verbessern. Dann bliebe ihr im nächsten Jahr beim Australian Open die Qualifikation erspart. Eine Woche Ferien macht sie auf der Rückreise von Asien mit ihrer Familie in Dubai, und dann gehts an die Vorbereitung für die nächste Saison. "Doch daran denke ich noch gar nicht, ich spiele jetzt einfach, wie es kommt", sagt sie.

Text von Michael Wehrle (Aargauer Zeitung), Bild von Fabio Baranzini

Sonntag, 1. November 2015

Sadikovics missglückte Revanche

Amra Sadikovic (WTA 254) hat nach ihrer Finalteilnahme vor Wochenfrist beim zweiten Turnier in Kanada die Halbfinals erreicht. Viel hat nicht gefehlt und die 26-Jährige wäre erneut ins Endspiel eingezogen.

Sechs Tage waren vergangen, seit Amra Sadikovic und Jovana Jaksic (WTA 209) sich im Endspiel des Turniers im kanadischen Saguenay gegenüber gestanden hatten. In einer ausgeglichenen Partie über drei Sätze hatte sich damals die Serbin durchsetzen können. Und nun duellierten sich die beiden Kontrahentinnen erneut. Diesmal im Halbfinal des mit 50'000 Dollar dotierten ITF-Turniers in Toronto. Dass die Aargauerin dabei auf Revanche sann, war klar.
Der Start in das Halbfinalmatch verlief dann auch vielversprechend. Gleich mit 6:2 konnte sich Amra Sadikovic den ersten Satz sichern. Wesentlich ausgeglichener verlief das Spielgeschehen im zweiten Durchgang. Doch die 26-Jährige aus Birr konnte sich leichte Vorteile erkämpfen und kam zu zwei Matchbällen. Doch sie vergab beide und musste sich im Tie Break schliesslich mit 9:11 geschlagen geben. Von diesem Rückschlag erholte sich Sadikovic nicht mehr. Der dritte Satz ging gleich mit 6:0 an die formstarke Serbin Jaksic.

80 Plätze nach vorn in zwei Wochen
Damit verpasst Amra Sadikovic ihre zweite Finalqualifikation in Folge. Die Reise nach Kanada hat sich für die Aargauerin aber dennoch gelohnt. Dank den insgesamt 77 gewonnen WTA-Punkten hat sie sich in der Weltrangliste um rund 80 Plätze verbessert und wird neu in der Region von Rang 220 geführt werden. Eine Rangierung, die wohl für die Teilnahme an der Qualifikation für die Australian Open im Januar reichen dürfte.
Sadikovic hat in Kanada aber auch erneut bewiesen, dass ihre Form stimmt. Beim Turnier in Toronto hat sie die Halbfinals ohne Satzverlust erreicht und dabei im Viertelfinal Michaella Krajicek (WTA 182) mit 6:3, 6:2 geschlagen. Die Holländerin war immerhin bereits einmal die Nummer 30 der Welt und steht derzeit auf Rang 23 der Doppelweltrangliste. Wenn Amra Sadikovic auch in den kommenden Wochen und Monaten so konstant weiterspielt, dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis sie ihre bisher beste Weltranglistenklassierung vom Mai 2012 – Rang 179 – verbessern wird.

Text und Bild von Fabio Baranzini

Sonntag, 25. Oktober 2015

Vögele und Sadikovic im Hoch

Die beiden besten Aargauer Tennisspielerinnen Stefanie Vögele (WTA 148) und Amra Sadikovic (WTA 301) haben sich in dieser Woche von ihrer besten Seite präsentiert. Für den ganz grossen Coup reichte es jedoch beiden nicht.

Stefanie Vögele hat viel Geduld gebraucht. Die 25-Jährige aus Leuggern musste länger als ein Jahr warten, bis sie sich wieder einmal für den Halbfinal eines WTA-Turniers qualifizieren konnte. Zuletzt gelang ihr dies in Baku – im Juli 2014. Dass Vögele ausgerechnet diese Woche in Luxemburg – beim letzten Turnier der Saison – den grössten Erfolg in diesem Jahr feiern würde, war nicht zu erwarten gewesen. Zwar hatte sie in den letzten Wochen in Tashkent und Linz endlich wieder im Hauptfeld mitmischen können, über die zweite Runde hinaus war sie aber in diesem Jahr bei einem WTA-Turnier noch nie gekommen.
In Luxemburg erhielt Vögele – die auf Rang 148 der Welt abgerutscht ist – eine Wild Card. Und diese nutzte sie optimal aus. Zwar profitierte sie dabei auch von einer glücklichen Auslosung, traf sie doch auf dem Weg ins Halbfinal auf keine Spielerin, die den Top 90 angehörte. Aber Vögele bewies auch in schwierigen Situationen Kämpferqualitäten und wird sich dank der Halbfinalqualifikation zum Saisonschluss um rund 30 Ränge verbessern.

Zweiter Final auf dieser Stufe
Einen noch grösseren Sprung nach vorne wird Amra Sadikovic machen. Die 26-Jährige trumpfte beim mit 50'000 Dollar dotierten ITF-Turnier im kanadischen Saguenay gross auf. Als ungesetzte Spielerin setzte sie sich in den ersten drei Runden ohne Satzverlust durch – wobei angemerkt werden muss, dass sie gegen zwei Qualifikantinnen und die schwächer eingestufte Carol Zhao angetreten war. Spätestens im Halbfinale bewies Sadikovic dann aber, dass sie derzeit auch gegen deutlich stärkere Spielerinnen bestehen kann.
Nach einem kapitalen Fehlstart – den ersten Satz verlor sie mit 1:6 – setzte sich Amra Sadikovic gegen die um 120 Ränge besser klassierte Maria Sanchez (WTA 180) in drei Sätzen durch. 1:6, 7:6, 6:1 lautete das Resultat am Ende. Damit qualifizierte sie sich zum zweiten Mal nach 2011 bei einem Turnier dieser Kategorie fürs Endspiel. Zugleich war es auch die erste Finalteilnahme bei einem Profiturnier seit ihrem Comeback im Juni dieses Jahres.
Auf dem Weg zum Titel, welcher der bisherige Höhepunkt seit der Rückkehr in den Profizirkus markiert hätte, wartete im Endspiel die Serbin Jovana Jaksic (WTA 228), gegen die Sadikovic vor eineinhalb Jahren in drei Sätzen gewinnen konnte. Ein gutes Omen? Nein, lautet die Antwort auf diese Frage. In einem umkämpften Finalspiel musste sich Sadikovic mit 3:6, 7:6, 1:6 geschlagen geben. Obwohl sie den Titel verpasste, wird sie sich in der Weltrangliste weiter verbessern und neu in der Region von Rang 250 geführt werden.

Text und Bild von Amra Sadikovic von Fabio Baranzini, Bild von Stefanie Vögele von Facebook.

Donnerstag, 15. Oktober 2015

Neue Trainingsbasis und die ersten WTA-Punkte

Tennisprofi Chiara Frapolli (19) hat in Waldshut-Tiengen einen neuen Trainingsstandort gefunden und konnte sogleich ihre ersten Erfolge auf der WTA-Tour feiern.

Es war ein Start nach Mass für Chiara Frapolli. Die 19-Jährige aus Bergdietikon, die mit ihren Trainingsbedingungen zuletzt nicht mehr ganz zufrieden war, begab sich auf die Suche nach einem neuen Trainingsstandort. Erste Station: die Tennisschule von Eric van Harpen in Waldshut-Tiengen (De). Im August hat Chiara Frapolli dort eine Testwoche absolviert. Und war sofort begeistert: „Es war zwar die erste Schule, die ich mir angeschaut habe, aber es hat mir auf Anhieb super gefallen. Ich habe mit wirklich guten Trainern und Spielern arbeiten können“, so die Limmattalerin.
Mit van Harpen einigten sich Frapolli darauf, dass sie mit einer weiteren Spielerin der Akademie an einer dreiwöchigen Turnierserie in der Türkei teilnehmen darf. Quasi als zweiter Teil der Probephase. Im Ferienort Antalya bestritt Frapolli drei Profiturniere der untersten Kategorie mit dem Ziel, endlich ihre ersten WTA-Punkte zu gewinnen. Etwas, das ihr bisher in ihrer Karriere noch nicht gelungen war.

Die nötige Überzeugung gefunden
Doch diesmal kam alles anders. Bei allen drei Turnieren vermochte Chiara Frapolli zu überzeugen und qualifizierte sich zumindest für die zweite Runde, was gleichbedeutend ist mit dem Gewinn eines WTA-Punktes. Beim zweiten von drei Turnieren lief es der U18-Schweizermeisterin von 2014 aber gar noch besser. Sie eliminierte in der zweiten Runde die an Nummer zwei gesetzte Chinesin Yan Wang – die Nummer 428 der Welt – in zwei Sätzen und qualifizierte sich danach für die Halbfinals. „Nach diesem Sieg gegen die Chinesin habe ich gemerkt, dass ich bei diesen kleinen Turnieren jede Spielerin schlagen kann. Diese Überzeugung hatte mir zuvor gefehlt. Ich hatte stets viel zu viel Respekt vor der Konkurrenz. Bloss weil eine Spielerin ein Ranking hatte, glaubte ich, dass ich nicht gegen sie gewinnen kann“, so Frapolli, die an den drei Events in der Türkei sieben WTA-Punkte sammeln konnte und daher in der Weltrangliste aktuell auf Rang 1063 geführt wird.

Handgelenk bereitet Sorgen
Nach dem erfolgreichen Abschneiden in der Türkei war für die Bergdietikerin klar, dass sie ihre sportliche Zukunft in Waldshut-Tiengen in Angriff nehmen möchte. „Die Trainer gehen extrem ins Detail und arbeiten viel strukturierter und professioneller, als ich das bisher gekannt habe. Ich habe schon in kurzer Zeit extrem viele hilfreiche Tipps bekommen und viel gelernt“, schwärmt Frapolli. Zusätzlich zum Tennistraining wird die Limmattalerin, die vor kurzem die Matura abgeschlossen hat, ein Studium in Angriff nehmen. Business Management wird sie studieren. „Als Ausgleich zum Sport“, wie sie sagt. Lernen will sie auf der täglichen Zugfahrt zwischen Dietikon und Tiengen.
Doch im Moment verlangt eine andere Sache die volle Aufmerksamkeit von Chiara Frapolli: Seit den Einsätzen in der Türkei sind die Schmerzen im linken Handgelenk, die sie bereits im Sommer für zwei Monate ausser Gefecht gesetzt hatten, zurückgekehrt. Das Schlagen der beidhändigen Rückhand wird dadurch verunmöglicht. „Es ist wohl ein mechanisches Problem. Die Knochen und Sehnen spielen nicht richtig zusammen. Das sollte jedoch therapeutisch zu behandeln sein“, gibt sich Frapolli zuversichtlich. Zwar hat sie wegen den Schmerzen zwei Turniere in Israel absagen müssen, hofft jedoch, Ende Oktober in München wieder ins Turniergeschehen eingreifen zu können. Schliesslich will sie den Schwung aus der Türkei mitnehmen und ihr WTA-Punktekonto weiter aufstocken.

Text und Bild von Fabio Baranzini

Samstag, 10. Oktober 2015

„Krass, wie schnell ich wieder nach oben kam“

Vor vier Monaten hat Amra Sadikovic nach einem Jahr Pause ihr Comeback auf der WTA-Tour gegeben. Nach nur gerade acht Turnieren gehört sie bereits wieder zu den Top 300 der Welt. Zuletzt spielte sie zwei Turniere in Amerika, wo sie unter anderem beim mit 75 000 Dollar dotierten Turnier in Albquerque die Halbfinals erreichte. Es war das erste Mal überhaupt, dass sie bei einem Event dieser Grösse in die Runde der letzten vier vorgestossen war – und das als Qualifikantin.
Zurück in der Schweiz erklärt Amra Sadikovic im Interview, weshalb sie das Comeback gewagt hat, spricht über die Bedeutung ihrer Familie und verrät, weshalb sie sich über einen Anruf von Belinda Bencic besonders gefreut hat.

Amra Sadikovic, Sie sind letzten Montag eine Woche früher als geplant von Ihrer Amerika-Tour nach Hause gekommen und das obwohl Sie sehr erfolgreich gespielt haben. Warum?
Amra Sadikovic: Bei meinem zweiten Turnier habe ich gemerkt, dass ihr sowohl körperlich als auch mental sehr müde war. Ich habe in den letzten Wochen sehr viele Matches gespielt. Allein in Amerika waren es deren 14 innerhalb von eineinhalb Wochen. Ich habe daher entschieden, dass ich das dritte Turnier auslasse und zurück in die Schweiz komme, um mich zu erholen und gut auf die nächsten Matches vorzubereiten.

Sie haben diese Woche also ein paar trainingsfreie Tage eingelegt?
Nein, nicht wirklich. Ich bin am Montagmittag gelandet und am Dienstagmorgen um Viertel nach sechs stand ich bereits wieder im Kraftraum. Das war allerdings nicht geplant. Wegen des Jetlags war ich jedoch morgens um vier bereits hellwach und musste unbedingt etwas tun. Ich glaube, ich war noch nie so früh im Kraftraum. Der Mann am Empfang hatte mich jedenfalls ziemlich verwundert angeschaut. (lacht) Aber die Vorbereitung für die nächsten Turniere hat schon diese Woche wieder begonnen.

Ihr Comeback ist bisher äusserst erfolgreich verlaufen. Hand aufs Herz: Hätten Sie gedacht, dass sie so schnell wieder zu den Top 300 gehören?
Nein, definitiv nicht. Es ist krass, wie schnell ich wieder nach oben kam. Ich hätte es mir viel schwieriger vorgestellt und ich habe auch damit gerechnet, dass ich vor allem am Anfang viele Matches verlieren werde.

Es fällt auf, dass Sie seit Ihrer Rückkehr auf die Tour kein einziges Match in der Qualifikation verloren und auch sonst sehr konstant gespielt haben. Wie kommt das?
Ganz ehrlich: Ich weiss es nicht. Momentan freue ich mich einfach auf jedes Match, das ich spielen kann. Dabei ist mir ziemlich egal, ob ich in der Qualifikation antreten muss oder direkt im Hauptfeld spielen kann.

Sie gewinnen plötzlich auch auffallend viele enge Matches. Das war in der Vergangenheit nicht immer so.
Das stimmt. Ich glaube, das hängt damit zusammen, dass ich viel weniger emotionale Up and Downs habe während eines Matches. Früher spielte stark und dann war alles super. Kurz darauf folgten zwei schlechte Games und dann brach für mich eine Welt zusammen. Jetzt versuche ich, immer weiter zu kämpfen und dran zu bleiben, auch wenn es nicht wie gewünscht läuft. Das hilft mir auch, mit Niederlagen gelassener umzugehen und ich stelle nicht mehr alles in Frage, nur weil ich ein enges Match verliere. Alles in allem bin ich wohl professioneller geworden, vor allem auch neben dem Platz.

Inwiefern?
Ich bereite mich viel bewusster auf ein Match vor. Das beginnt bereits am Abend vor dem Match. Ich mache mir Gedanken zur Taktik und schaue ein paar Tennisvideos von mir an, wo ich richtig gut gespielt habe. Vor dem Match laufe ich rund 30 bis 40 Minuten ein, damit ich bereit bin. Früher habe ich einfach ein paar Mal die Arme gekreist und stand dann auf den Platz. Auch nach dem Match nehme ich das Auslaufen, das Ausdehnen und die Regeneration viel seriöser als früher. Das tut mir wirklich gut und ich kann lockerer in die Matches gehen, weil ich weiss, dass ich in der Vorbereitung alles richtig gemacht habe.

Spielen Sie heute besser als während ihrer ersten Karriere? Das ist schwierig zu sagen. Was die Beinarbeit anbelangt, bin ich noch nicht ganz dort, wo ich schon einmal war. Aber meine Schläge und mein Timing sind viel besser früher.

Wie kommt das?
Ich glaube, das hängt ein Stück weit damit zusammen, dass ich nach meinem Rücktritt ein Jahr als Tennistrainerin gearbeitet habe. Ich habe in dieser Zeit viele Stunden auf dem Tennisplatz verbracht, habe unzählige Bälle geschlagen und musste mich für jede Lektion dem Spielniveau und dem Tempo meiner Schüler anpassen.

Ihre Rückkehr auf die Tour barg auch ein gewisses Risiko. Andere Spielerinnen stehen bereits mit 18 oder 20 in den Top 100. Sie dagegen haben den Durchbruch bis 25 nicht geschafft, haben dann ihren Rücktritt erklärt und gaben nach einem Jahr Pause im Alter von 26 ihr Comeback.
Das war tatsächlich kein einfacher Entscheid. Ich hatte damals einen super Job als Trainerin, der mir viel Spass gemacht hat. Dadurch ging es mir auch finanziell gut, was zuvor als Tennisprofi längst nicht immer der Fall war. Auch privat musste ich viel zurückstecken. Ich musste mich fürs Tennis und gegen mein Privatleben entscheiden. Das war schon hart. Aber am Ende war ich nicht ganz glücklich mit meiner damaligen Situation. Ich bereute es, dass ich mich als Profi zu oft unter Druck gesetzt und an mir gezweifelt habe, statt es zu geniessen und frei drauflos zu spielen. Das wollte ich unbedingt nachholen.

Wie hat ihr Umfeld reagiert, als Sie gesagt haben, dass Sie nochmals einen Anlauf als Tennisprofi nehmen wollen?
Ich war sehr froh, dass meine Familie und vor allem meine Eltern hinter mir standen. Das hat mir enorm geholfen. Auch sonst erhielt ich viele positive Rückmeldungen. Besonders gefreut habe ich mich über den Anruf von Belinda Bencic. Sie hat mir alles Gute gewünscht und hat sich gefreut, dass ich zurückkomme. Das fand ich sehr cool. Aber grundsätzlich befasse ich mich nicht mehr so viel wie früher mit dem, was die anderen von meinen Entscheidungen halten.

Seit Ihrem Comeback trainieren Sie nicht mehr im nationalen Leistungszentrum von Swiss Tennis in Biel, sondern in Baden bei Muhamed Fetov, der seit vielen Jahren ein guter Freund von Ihnen ist. Wie funktioniert diese Zusammenarbeit?
Wir kennen uns seit vielen Jahren und verstehen uns hervorragend. Sobald wir auf dem Platz arbeiten, ist Muhi aber ganz klar der Chef. Ich habe Respekt vor ihm und merke sofort, wenn ihm etwas nicht passt. Es hilft mir enorm, dass ich einen Coach habe, der mich sehr gut kennt und genau weiss, was ich brauche. Denn wenn man nicht weiss, wie man mit mir umgehen muss, dann ist es schwierig, mit mir zusammen zu arbeiten. Mit Muhi klappt das bisher super.

Da sie in Baden und nicht mehr in Biel trainieren, können Sie auch mehr Zeit bei ihrer Familie in Birr verbringen. Was bedeutet Ihnen das? Meine Familie ist mir mega wichtig. Wenn ich nach Hause komme und meine Familie und meine Schwester mit ihren beiden Töchtern besuche, kann ich Energie tanken. Sie sorgen dafür, dass bei mir alles im Gleichgewicht bleibt. Sie holen mich wieder runter oder bauen mich auf, je nachdem in welcher Situation ich mich gerade befinde. Diese Unterstützung ist sehr wichtig für mich, denn gerade während den Turnieren bin ich oftmals alleine unterwegs. Umso schöner ist es, danach wieder nach Hause zu kommen.

Hat sich eigentlich Fed-Cup-Coach Heinz Günthardt schon bei Ihnen gemeldet?
Ja, allerdings nicht, um mich für den Fed Cup zu nominieren. Er erkundigt sich regelmässig, wie es bei mir läuft und ob ich Unterstützung brauche. Es ist aber ganz klar mein Ziel, dass ich eines Tages wieder zum Fed-Cup-Team gehöre.

Wie sehen Ihre Pläne für den Rest der Saison aus?
Ich werde noch etwa sechs Turniere spielen. Die nächsten beiden werden in Kanada sein. Das Ziel ist es, dass ich mich bis etwa auf Rang 230 der Weltrangliste verbessern kann, damit ich im Januar erstmals die Qualifikation für die Australian Open bestreiten kann. Das wäre genial.

Interview und Bilder von Fabio Baranzini

Sonntag, 27. September 2015

Sadikovic spielt auch in Amerika gross auf

Beim ITF-Turnier in Albuquerque hat Amra Sadikovic (WTA 394) als Qualifikantin die Halbfinals erreicht. Dank diesem grossen Erfolg wird sie sich in der Weltrangliste um beinahe 100 Ränge verbessern.


Das Comeback von Amra Sadikovic wird immer beeindruckender. Bei allen ihrer bisher sieben Turniere hat sie mindestens eine Runde im Hauptfeld überstanden und das obwohl sie sich sechs Mal durch die Qualifikation spielen musste. Zudem hat sie vor zwei Wochen in Frankreich gegen die Top-100-Spielerin Kaia Kanepi aus Estland gewonnen. Und nun hat sie zum Start ihrer Amerika-Tour den grössten Erfolg seit ihrem Neustart feiern können.

Drei Siege im Hauptfeld
Beim mit 75 000 Dollar dotierten ITF-Turnier in Albuquerque überstand Sadikovic drei Qualifikationsmatches und feierte in der ersten Runde einen weiteren wichtigen Sieg gegen die einheimische Nicole Gibbs (WTA 144). Sie gewann mit 4:6, 6:3, 6:4. Und auch in den darauffolgenden zwei Runden blieb Sadikovic ungefährdet. Zuerst eliminierte sie die Französin Sherazad Reix (WTA 267) in zwei Sätzen und dann schlug sie gleich auch noch Tamira Paszek (WTA 219). Gegen die Österreicherin, die vor gut zwei Jahren noch die Weltnummer 26 war, siegte die Aargauerin mit 6:4, 6:3.

Grosser Sprung nach vorn
Und auch im Halbfinal hätte sie beinahe einen Sieg davon tragen können. Sie verlangte Naomi Broady (WTA 127) alles ab, musste sich dann aber knapp mit 4:6, 7:5, 4:6 geschlagen geben. Dank den sechs Siegen in Folge und der daraus resultierenden Halbfinalqualifikation gewinnt Amra Sadikovic 47 Punkte für die Weltrangliste. Damit macht sie beinahe 100 Ränge gut und klopft bereits wieder an die Tür der Top 300 – und das nach nur gerade sieben gespielten Turnieren.
Direkt nach ihrem Halbfinal-Aus ist die 26-Jährige nach Las Vegas geflogen, wo sie bereits heute die erste Qualifikationsrunde für das nächste Turnier bestreitet. Bleibt zu hoffen, dass sie den Schwung mitnehmen kann.

Text und Bild von Fabio Baranzini

Sonntag, 9. August 2015

Wertvolle Aargauer Hilfe für GC

Amra Sadikovic und Karin Kennel gehen für GC in der NLA-Interclubmeisterschaft auf Punktejagd. Am Samstag haben die beiden Aargauerinnen gar gemeinsam das Doppel gegen zwei N1-Spielerinnen gewonnen.

GC ist die dominierende Mannschaft im NLA Interclub der Frauen. In den letzten 15 Jahren standen die Zürcherinnen elf Mal im Endspiel und holten sechs Meistertitel. Zuletzt waren an diesen Erfolgen auch massgeblich Spielerinnen aus dem Kanton Aargau beteiligt. Allen voran Amra Sadikovic, die seit mittlerweile zehn Jahren ohne Unterbruch für die Zürcherinnen aufläuft. Und auch die derzeit beste Aargauerin Stefanie Vögele spielte stets für GC, wenn sie denn Ligaspiele in der Schweiz bestritt. Auch in dieser Saison kann GC auf die Dienste von zwei Aargauerinnen zählen. Neben Sadikovic ist es aber diesmal nicht Stefanie Vögele, sondern die 20-jährige Entfelderin Karin Kennel. Sie ist im Hinblick auf diese Saison neu dazu gestossen. Im starken Zürcher Kollektiv muss sich Kennel allerdings mit der undankbaren Rolle der fünftstärksten Spielerin begnügen – also der Rolle der Ersatzspielerin. „Mir fällt das Zuschauen enorm schwer. Aber ich zwinge mich dazu, damit ich wieder richtig darauf brenne, selber spielen zu können“, so Kennel. Bislang bestritt die Entfelderin in den vier gespielten Runden noch kein Einzel, kam jedoch im Doppel zum Zug.

Schwung holen im Interclub
Obwohl Karin Kennel nicht über die Reservistenrolle hinaus kommt, bereut sie den Entscheid nicht, die zwei Wochen dauernde NLA-Saison mit GC zu bestreiten. „Wir haben ein tolles Team und während diesen beiden Wochen kann ich mit Topspielerinnen trainieren. Davon kann ich viel profitieren“, so Kennel. In den nächsten Wochen will die U18-Vize-Europameisterin von 2013 den Tritt auf der WTA-Tour wieder finden und die Negativspirale der letzten Monate durchbrechen. Im letzten Jahr hat sie acht Monate wegen einer Fussverletzung verpasst, nach dem Comeback stimmten die Resultate nicht und sie fiel im Ranking zurück. Zuletzt hat Kennel auch ihren Trainingsstandort im nationalen Leistungszentrum in Biel verlassen und sucht derzeit nach einer neuen Trainingsbasis. Mit dem Schwung aus dem Interclub soll es bei ihr wieder bergauf gehen.

Sadikovic ist in Form
Bereits auf dem Weg nach oben ist Amra Sadikovic. Und zwar mit grossen Schritten. Die 26-Jährige aus Birr, die sich erst vor etwas mehr als zwei Monaten entschieden hat, nach einem Jahr Pause die Rückkehr in den Profibetrieb zu wagen, steht nach nur gerade vier Profiturnieren bereits wieder in den Top 500 der Welt. Zudem hat sie das stark besetzte Preisgeldturnier in Wollerau gewonnen und auch im Interclub lernt sie ihre Gegnerinnen das Fürchten. Im Einzel hat sie in vier Runden bislang noch keinen Satz abgegeben. „Ich bin im Moment extrem locker drauf und kann das Spielen richtig geniessen. Früher war es eher ein Krampf“, sagt sie. „Ich spiele jetzt viel bewusster und konsequenter. Auf Sand fühle ich mich so gut wie noch nie.“ In dieser Verfassung ist Amra Sadikovic für GC Gold wert. Schliesslich wollen die Zürcherinnen ihren Titel verteidigen. Und vielleicht klappt dies ja dank der Aargauer Hilfe, denn auch Karin Kennel hat bewiesen, dass sie im Doppel den einen oder anderen Punkt für GC beisteuern kann. Am Samstag gar gemeinsam mit Amra Sadikovic.

Text und Bild von Fabio Baranzini

Sonntag, 26. Juli 2015

Sadikovic überzeugt bei ihrem Comeback weiter

Das beeindruckende Comeback von Amra Sadikovic (WTA 689) geht weiter. Auch bei ihrem vierten Turnier schaffte sie den Sprung aus der Qualifikation ins Hauptfeld und sorgt dort für Furore.

Zweite Runde, Halbfinal und Viertelfinal - und das notabene stets als Qualifikantin. Das waren die bisherigen Ergebnisse der 26-jährigen Aargauerin, die sich vor zweieinhalb Monaten entschieden hat, nach einem Jahr Pause wieder auf die WTA-Tour zurück zu kehren. Diese Woche liess Amra Sadikovic nun ein weiteres Mal aufhorchen: Beim für ein 25 000 Dollar Turnier stark besetzten Event in Darmstadt spielte sich Sadikovic durch die Qualifikation – und schlug dabei mit Sofia Kvatsabaia (WTA 408) und Conny Perrin (WTA 286) bereits zwei deutlich höher eingestufte Kontrahentinnen.

Drei souveräne Siege
Und das ging im Hauptfeld im selben Stil weiter. Was bei ihren drei Siegen gegen Indy de Vroome (WTA 236), Katarina Vankova (WTA 226) und Katarzyna Kawa (WTA 402) besonders auffiel, war, wie locker Sadikovic ihre Gegnerinnen im Griff hatte. Obwohl alle Kontrahentinnen in der WTA-Rangliste wesentlich weiter oben stehen als Sadikovic, gab sie in diesen drei Matches lediglich elf Games ab und qualifizierte sich so souverän für die Halbfinals.
Dort wartete dann die an Nummer vier gesetzten Ysaline Bonaventure (WTA 206). Die junge Belgierin hatte in der Woche zuvor beim WTA-Turnier in Bastad die Qualifikation überstanden und durfte sich im Hauptfeld mit der damals frisch gebackene Wimbledonsiegerin Serena Williams messen. Bonaventure war also eine hohe Hürde für Sadikovic. Und prompt musste sich die Aargauerin dann in ihrem sechsten Einzel in dieser Woche mit 3:6, 2:6 geschlagen geben.

Grosser Sprung nach vorne 
Dennoch kann Amra Sadikovic mit ihrer Leistung auch in dieser Woche zufrieden sein. Dank der neuerlichen Halbfinalqualifikation wird sie in der Weltrangliste nochmals einen grossen Sprung nach vorne machen und nach lediglich vier Turnieren bereits wieder in der Region von Position 540 der Welt geführt werden. In den nächsten Wochen wird die 26-Jährige jedoch nicht weiter um WTA-Punkten kämpfen, sondern wird sich mit dem NLA-Interclubteam von GC auf die Jagd nach dem Schweizer Meistertitel machen.

Text von Fabio Baranzini, Bild von Amra Sadikovics Facebookseite

Samstag, 27. Juni 2015

Starkes Comeback von Sadikovic, Titel für Kennel

Diese Woche haben die beiden Aargauer Tennisspielerinnen Amra Sadikovic (ohne Ranking) und Karin Kennel (WTA 760) bei ihrem mit 25 000 Dollar dotierten Heimturnier auf der Lenzerheide gross aufgespielt.

Damit hätte Amra Sadikovic wohl selbst nicht gerechnet: Schon beim zweiten ITF-Turnier nach ihrem Comeback erreichte die Aargauerin das Halbfinale. Und diese Halbfinalteilnahme kam nicht etwa durch glückliche Zufälle zustande, sondern die hat sie sich hart erarbeitet. Zuerst spielte sich die 26-Jährige souverän durch die beiden Qualifikationsrunden, ehe sie im Hauptfeld ihre Landsfrau Jil Teichmann (WTA 459) mit 6:4, 6:2 in die Schranken wies. Danach wartete die an Nummer vier gesetzte Sofia Shapatava (WTA 271) aus Georgien. Und dort sah es zunächst nicht nach einem Sieg für Sadikovic aus. Zwar konnte sie den ersten Satz mit 7:6 gewinnen, lag dann aber mit 4:6, 2:5 hinten. Doch sie kämpfte sich zurück, erzwang einen zweiten Tie Break und gewann auch diesen.

Souveräner Viertelfinalsieg
Im Viertelfinal bekundete Sadikovic dann wesentlich weniger Probleme als in der Runde zuvor. Gegen Doroteja Eric (WTA 378) sieget sie souverän mit 6:4, 6:4. Dann aber wartete die bis dato grösste Hürde: die an Nummer zwei gesetzte Tschechin Tereza Martincova (WTA 230). Doch auch in dieses Duell startete Sadikovic stark, holte sich den ersten Satz mit 6:4, ehe sie sich dann mit 2:6, 3:6 doch noch geschlagen geben musste. Dennoch: Mit der Halbfinalqualifikation bei ihrem erst zweiten Turnier nach über einem Jahr Wettkampfpause kann Amra Sadikovic sehr zufrieden sein. Auf die Fortsetzung des Comebacks darf man gespannt sein.

Grösster Erfolg im Doppel
Obwohl Sadikovic im Halbfinale scheiterte, gab es auf der Lenzerheide einen Aargauer Turniersieg zu feiern. Und zwar im Doppel. Die 19-jährige Entfelderin Karin Kennel gewann an der Seite von Yvonne Cavalle-Reimers (WTA 360) ihren ersten Doppeltitel auf dieser Turnierstufe. Das Duo, das einzig in der ersten Runde einen Satz hatte abgeben müssen, profitierte im Endspiel allerdings von der Aufgabe von Antonia Lottner (WTA 336), die gemeinsam mit Xenia Knoll (WTA 296) an Nummer eins gesetzt gewesen wäre.

Text von Fabio Baranzini, Bild Facebook

Samstag, 20. Juni 2015

Von Timea Bacsinszkys Comeback inspiriert

Amra Sadikovic, die vor einem Jahr ihren offiziellen Rücktritt vom Spitzensport gegeben hatte, greift wieder zum Racket. Mit neu gewonnener Lockerheit, will sie den Neustart wagen.

Vergangene Woche in der deutschen Grossstadt Essen: Beim mit 25'000 Dollar dotierten ITF-Turnier starteten mit Fed-Cup-Spielerin Victoria Golubic, Conny Perrin und Lara Michel drei Schweizerinnen direkt im Hauptfeld. Doch sie waren nicht die einzigen: Über die Qualifikation hatte sich noch eine vierte Spielerin aus der Schweiz ins Tableau gekämpft. Und zwar die Aargauerin Amra Sadikovic. Amra Sadikovic? War da nicht mal was? Richtig, die 26-Jährige aus Birr hatte vor etwas mehr als einem Jahr ihren Rücktritt vom Spitzensport bekannt gegeben.
Die grossgewachsene Offensivspezialistin hatte damals unter finanziellem Druck gestanden und hatte mit Selbstzweifeln zu kämpfen, so dass sie schweren Herzens ihren Rücktritt verkündete. „Ich konnte nicht mehr 100 Prozent Einsatz geben und halbe Sachen zu machen, gibt keinen Sinn“, begründete sie damals ihren Entscheid.

Die Duelle auf dem Platz fehlten
Nach ihrem Rücktritt arbeitete Amra Sadikovic als Trainerin in Frenkendorf. Selber griff sie nur noch vereinzelt zum Racket. Matches bestritt sie keine. Erst an den Schweizer Meisterschaften im Dezember unternahm sie einen Versuch. Direkt aus den Ferien zurück gekommen und ohne jegliche Vorbereitung erreichte sie gleich die Halbfinals. „Ich habe wirklich gut gespielt und war locker drauf. Heinz Günthardt meinte, er hätte mich gerne früher so locker spielen sehen“, blickt Sadikovic zurück. Es war jener Moment, in dem der Funke übersprang. Der Funke, der das Feuer und die Freude am Tennissport wieder entfachte.
Der Gedanke an ein Comeback liess Amra Sadikovic nicht mehr ganz los. Die Duelle auf dem Platz, der Kampf gegen die Kontrahentin auf der anderen Seite des Netzes fehlte ihr. Und dann war da noch das furiose Comeback der gleichaltrigen Kollegin Timea Bacsinszky, das Sadikovic inspiriert hat. Aus dem Funke wurde ein Feuer und Ende April stand der Entschluss fest: Amra Sadikovic nimmt einen neuen Anlauf auf der WTA-Tour.

Der Traum vom Grand Slam Hauptfeld
Doch weshalb soll es diesmal klappen? „Das Leben als Tennisprofi ist extrem schön. Das habe ich aber während meiner Aktivzeit nicht voll ausgekostet. Das will ich jetzt unbedingt nachholen“, sagt sie. „Ich werde weiterhin hart arbeiten, aber ich gehe lockerer an die Sache heran und lasse mich nicht mehr von meinen Selbstzweifeln vom Weg abbringen.“ In dieser Beziehung hat Sadikovic, die neu vom früheren Aargauer Profispieler Muhamed Fetov trainiert wird, von ihren eigenen Erfahrungen als Trainerin profitiert. „Ich verstehe jetzt, warum mir ein ehemaliger Trainer immer gesagt hat, ich solle Matches schauen. Als Trainerin habe ich das Geschehen von aussen betrachtet und dabei besonders im taktischen Bereich Dinge verstanden, die ich als Spielerin nie begriffen habe“, meint sie mit einem Schmunzeln.
Mit dieser neuen Erfahrung im Gepäck und der Unterstützung aus ihrem Umfeld soll es diesmal klappen. Das Ziel von Amra Sadikovic ist klar: Einmal im Hauptfeld eines Grand Slam Turniers stehen. „Wann das soweit ist, spielt keine Rolle. Es gibt viele Spätzünderinnen auf der Tour“, gibt sich die 26-Jährige gelassen. Eine Aussage, die sie während ihrer „ersten Karriere“ so nicht gemacht hätte, die aber sinnbildlich für die Lockerheit steht, mit der Amra Sadikovic den Neustart wagt.

Text und Bild von Fabio Baranzini

Sonntag, 4. Januar 2015

Aquajogging und Schattentennis statt Turniere

Die Entfelderin Karin Kennel braucht derzeit viel Geduld. Seit August schlägt sie sich mit einer Fussverletzung herum und hat seither kein Match mehr bestritten.

Das letzte halbe Jahr war das wohl schwierigste in der Karriere von Karin Kennel. Nicht etwa, weil sie schlecht gespielt hätte oder weil die Resultate nicht passten. Nein, die 19-Jährige aus Entfelden konnte gar nie zeigen, was sie eigentlich drauf hat. Denn seit gut fünf Monaten klebt Karin Kennel die Verletzungshexe wortwörtlich an den Füssen.
Das Unheil begann im August. In der Woche nach ihrem bislang letzten Turniereinsatz in Caslano (Tessin) traten im Training erstmals Schmerzen im linken Fuss auf. „Nach einem Aufschlag verspürte ich ein starkes Stechen, so dass ich ein paar Minuten nicht mehr gehen konnte“, blickt Kennel zurück. Die Ärzte diagnostizierten eine Stressreaktion im Vorderfuss. Die Konsequenz: Mehrere Wochen Pause und danach ein intensiver Aufbau.

Verhängnisvolles MRI
Diesen Plan befolgte Karin Kennel genau. Alles schien zu passen und so wollte sie am 17. November in Ägypten wieder ins Turniergeschehen eingreifen. „Ich fühlte mich so fit wie nie zuvor“, so Kennel. Allerdings verspürte sie immer noch leichte Schmerzen im Fuss, schob diese jedoch auf die neuen Einlagen in den Schuhen, die sie aufgrund der Verletzung erhalten hatte. Trotzdem machte sie zwei Tage vor der Abreise nach Nordafrika erneut ein MRI. Zur Sicherheit. Doch die Resultate verhiessen nichts Gutes: Kennel litt erneut an einer Stressreaktion im rechten Fuss, diesmal an der Fusswurzel. Vier Wochen musste sie den Fuss in der Folge völlig entlasten und trug einen Vakuumschuh. In dieser Phase war sie drei Mal pro Woche bei ihrem Physiotherapeuten Heinz Kurth in Unterentfelden und hat im Kraftbereich gearbeitet – vorwiegend an der Rumpfkraft. Viel mehr durfte sie nicht tun. Seit wenigen Wochen kann sie wieder etwas intensiver trainieren. „Ich bin oft auf dem Velo, mache Aquajogging, Stabilisationsübungen und im Krafttraining nehme ich oftmals den Schläger mit und spiele vor dem Spiegel Schattentennis“, beschreibt Kennel den Inhalt ihres derzeitigen Trainings. Das richtige Tennistraining darf sie voraussichtlich erst Mitte Januar wieder aufnehmen.

Ziele noch unklar
Die derzeitige Verletzungspause ist die mit Abstand längste, die Karin Kennel bisher hat einlegen müssen. Eine neue Erfahrung für die Entfelderin. „Es ist schon ziemlich mühsam, vor allem weil man bei dieser Verletzung nie genau weiss, woran man ist und wie lange es noch dauern wird. Ich hätte lieber einen Knochenbruch gehabt.“
Aufgrund der langen Abwesenheit wird Karin Kennel zwangsläufig auch in der Weltrangliste an Boden verlieren. Aktuell liegt sie auf Position 506, knapp 100 Ränge hinter ihrem besten Ranking (409), das sie im letzten April erreicht hatte. In den nächsten Wochen wird sie aber noch weiter zurückgespült, da sie zu Beginn des Jahres viele Punkte verteidigen müsste. Da Kennel noch nicht genau weiss, wann sie auf die Tour zurückkehren und wo sie dann klassiert sein wird, hat sie sich für die kommende Saison noch keine konkreten Ziele gesteckt. „Ich muss zuerst schmerzfrei spielen können. Wenn der Fuss hält, können wir weiterschauen“, sagt Kennel. Wenn alles glatt läuft, könnte dies irgendwann im Februar der Fall sein. Bis dahin wird Karin Kennels Geduld weiter auf die Probe gestellt.

Text und Bild von Fabio Baranzini

Freitag, 21. November 2014

Aargauer Saisonbilanz Teil I: Eine schwierige Saison für die Profis

Im ersten Teil der Saisonbilanz durch die Aargauer Brille wird der Fokus auf die Aargauer Profispieler(innen) Stefanie Vögele, Amra Sadikovic, Karin Kennel und Jens Hauser gelegt.

Heute beginnt in Lille der endgültige Schlusspunkt des Profijahres 2014 und gleichzeitig - zumindest aus Schweizer Sicht - auch einer der Höhepunkte. Und natürlich würden wir nichts lieber sehen, als wenn Roger Federer und Stanislas Wawrinka ihre sonst schon sehr erfolgreiche Saison mit dem Gewinn der hässlichsten Salatschüssel der Welt krönen würden.
So stark die Schweizer Tenniscracks in dieser Saison auch aufgespielt haben, aus Aargauer Sicht war es - gemessen an früheren Erfolgen - ein eher verknorztes Jahr. Natürlich hat der Kanton Aargau mit Stefanie Vögele (WTA 81) noch immer eine Spielerin in den Top 100 der Welt. Und das ist sehr erfreulich, denn die 24-Jährige aus Leuggern schafft es zum ersten Mal in ihrer Karriere, zwei aufeinander folgende Jahre in diesem erlauchten Kreis der besten 100 Tennisspielerinnen der Welt abzuschliessen. Das ist keine Selbstverständlichkeit, vor allem wenn man die schwierige private Situation, mit der Vögele in diesem Jahr zu kämpfen hatte, mit einbezieht. Trotzdem wurde die Aargauerin in diesem Jahr unter ihrem Wert geschlagen. Nicht weniger als 16 Mal scheiterte sie in der Auftaktrunde und lediglich vier Mal erreichte sie die Viertelfinals (einmal schaffte sie es ins Halbfinale). Für die kommende Saison hat Vögele also noch viel Luft nach oben.

Verletzung stoppt Kennel
Auch nicht nach Wunsch ist es der Entfelderin Karin Kennel (WTA 470) gelaufen. Sie steht in der Weltrangliste lediglich 30 Ränge weiter vorne, als dies Ende des letzten Jahres der Fall war. Das ist keine Glanzleistung für eine Spielerin, die einst zu den zehn besten Juniorinnen der Welt gehört hatte und an der Junioren-EM Silber gewann. Doch es gibt Gründe, weshalb Kennel in der Weltrangliste nicht weiter vorne klassiert ist. Der schwerwiegendste ist die Tatsache, dass Kennel seit August keine Turniere mehr bestreiten konnte, weil sie sich mit einer Fussverletzung - eine Stressreaktion im Mittelfussknochen -herumschlägt.
Zudem hat sie wiederholt bei höher dotierten und damit auch stärker besetzten Turnieren ihr Glück versucht. Davon konnte sie profitieren, nahm damit aber auch bewusst mehr Niederlagen in Kauf. Genau wie Vögele hat auch Karin Kennel in der kommenden Saison viel Steigerungspotenzial, wenn sie von Verletzungen verschont bleibt.

Der Rücktritt von Sadikovic
Die dritte Aargauer Profispielerin Amra Sadikovic hat ihre Karriere in diesem Frühling beendet. Zum Zeitpunkt ihres Rücktritts war die 25-Jährige die Nummer 289 der Welt. Sie habe nicht mehr 100 Prozent für ihre Karriere geben können und halbe Sachen wären nicht ihr Ding, begründete sie ihren Entscheid. Damit hat der Aargau eine Profispielerin weniger in seinen Reihen, jedoch wird die 19-fache Titelgewinner auf der ITF-Tour und regelmässige Fed Cup Spielerin ihrem Sport als Trainerin treu bleiben.

Hauser hört auf
Bei den Männern verfügt der Kanton Aargau nach dem Rücktritt von Alexander Sadecky nur noch über einen Profispieler: Jens Hauser. Der 21-Jährige aus Oberwil-Lieli trainiert seit eineinhalb Jahren in Kroatien und ist derzeit auf Rang 1353 der Welt klassiert. Damit steht auch er nicht dort, wo er zum Ende dieses Jahres eigentlich hätte stehen wollen. Vor einem Jahr sprach er davon, dass er in diesem Jahr einen grossen Sprung nach vorne machen wollte. Dieser blieb jedoch aus, denn der junge Aargauer ist derzeit 46 Plätze weiter hinten klassiert als vor einem Jahr.
Aus diesem Grund hat sich Hauser entschlossen, seine Karriere zu beenden und die Matura nachzuholen. Trotzdem wird er weiter auf dem Tennisplatz anzutreffen sein. "Ich möchte mein Tennis auf einem hohen Niveau halten und in der Schweiz Interclub und einige Preisgeldturniere spiele", so Hauser.

Auch wenn es bei den Profis nicht die erfolgreichste Saison war, gibt es bei den Junioren und bei den Senioren viel Positives zu berichten. Mehr dazu im zweiten Teil des Saisonrückblicks.

Text und Bild (Karin Kennel) von Fabio Baranzini, Bild (Stefanie Vögele) von Facebook

Sonntag, 16. November 2014

Vorzeitiges Saisonende für Karin Kennel

Für die Entfelderin Karin Kennel (WTA 470) ist die laufenden Tennissaison bereits zu Ende. Seit August laboriert die 19-Jährige an einer Fussverletzung herum und wollte eigentlich nächste Woche in Ägypten wieder ins Wettkampfgeschehen eingreifen. Doch bei der abschliessenden MRI-Untersuchung einen Tag vor der Abreise zeigte sich, dass die Stressreaktion im Mittelfussknochen noch immer nicht ausgeheilt ist.

Comeback-Datum noch unklar
Jetzt muss Kennel noch einmal vier Wochen pausieren, ehe sie langsam wieder mit dem Aufbau für die kommende Saison beginnen kann. Wann sie ihr Comeback geben wird, ist jedoch nach wie vor unklar.

Text und Bild von Fabio Baranzini

Samstag, 11. Oktober 2014

Vögele erreicht Viertelfinal in Linz

Das WTA-Turnier im österreichischen Linz scheint Stefanie Vögele zu liegen. Die Weltnummer 65 hat im Vorjahr die Halbfinals erreicht und in dieser Woche - nach einer längeren Durststrecke - immerhin die Runde der letzten Acht. 

Die letzten Woche waren schwierig für Stefanie Vögele. Die privaten Sorgen beeinflussten immer wieder ihre Leistungen auf dem Platz und so konnte die 24-Jährige aus Leuggern nur selten ihr gesamtes Potenzial ausspielen. So gesehen überrascht es nicht, dass Vögele seit Ende Juli und dem Turnier in Baku nie mehr zwei Matches in Folge bei einem WTA-Turnier gewinnen konnte. 
Das änderte sich diese Woche in Linz. Zuerst bezwang Vögele die an Nummer sechs gesetzte Barbora Zahlavova Strycova (WTA 28) in zwei knappen Sätzen mit 7:6, 7:5 und in der zweiten Runde setzte sie sich gegen Anna Schmiedlova (WTA 73) in drei Sätzen durch. Die Aargauerin gewann nach einem schwachen Startsatz mit 2:6, 6:1, 6:4. Gerade im dritten Durchgang war die Partie geprägt von vielen Breaks. Bei Vögele soll gemäss SRF eine Bauchmuskelzerrung verantwortlichen gewesen sein für die nicht wunschgemässe Serviceleistung. 

Einige Plätze verlieren
Im Viertelfinal wartete die Deutsche Qualifikantin Anna-Lena Friedsam (WTA 94), gegen die Vögele in der ersten Runde der French Open noch in drei Sätzen gewonnen hatte. Auch diesmal gings über drei Sätze, allerdings mit dem besseren Ausgang für die Deutsche. Vögele musste sich mit 6:4, 2:6, 3:6 geschlagen geben, nachdem sie im Entscheidungssatz noch 2:1 mit Break geführt hatte. 
Obwohl die Viertelfinalqualifikation beim Turnier in Linz eine anständige Leistung ist, wird sie in der Weltrangliste einige Positionen verlieren. Dies weil sie im Vorjahr die Halbfinals erreicht hat. Nächste Woche wird Vögele voraussichtlich in Luxemburg auflaufen - auch dort hat sie im Vorjahr die Vorschlussrunde erreicht und wird daher einige Punkte zu verteidigen haben.

Text von Fabio Baranzini, Bild Facebook

Sonntag, 27. Juli 2014

Das Warten geht weiter

Stefanie Vögele (WTA 72) hat in dieser Woche zum sechsten Mal in ihrer Karriere die Halbfinals auf der WTA-Tour erreicht. Dabei unterlag sie der Serbin Bojana Jovanovski (WTA 40). 

Die Aufwärtstendenz bei der Aargauerin Stefanie Vögele ist nicht zu übersehen. Nach einem schwierigen Jahr mit vielen Erstrundenniederlagen (alleine fünf bei sechs Turnieren seit Ende April) hat die 24-Jährige in den vergangenen Wochen den Tritt wieder gefunden. In Bad Gastein reichte es für die Viertelfinals, vor einer Woche schaffte sie es in Istanbul immerhin die zweite Runde. Diese Woche kam es noch besser.
In der Hauptstadt Aserbaitschans, in Baku, spielte Vögele stark. Nach einem problemlosen Auftaktsieg über Alexandra Cadantu (WTA 131) aus Rumänien, fegte sie in der zweiten Runde die topgesetzte Sorana Cirstea (WTA 29) gleich mit 6:1, 6:1 vom Platz. Diese Partie dauerte nicht mal 50 Minuten. Ihre gute Form konnte Stefanie Vögele dann auch in den Viertelfinals bestätigen, als sie gegen die Israelin Sahar Peer (WTA 90) in drei Sätzen mit 6:2, 2:6, 6:4 gewinnen konnte. 

Gute Chance vertan
Im Halbfinal - ihrem ersten seit dem Turnier in Luxemburg Mitte Oktober des letzten Jahres - wartete dann Bojana Jovanovski. Gegen die Serbin hatte Vögele bereits zwei Mal gespielt und dabei ein Match gewonnen. Das dritte Duell war eine hart umkämpfte Angelegenheit, bei der am Ende Vögele den Kürzeren zog. Sie rettete sich zwar nach verlorenem Startsatz in den entscheidenden dritten Durchgang und führte dort mehrmals mit Break, doch am Ende musste sie sich mit 2:6, 6:2, 4:6 geschlagen geben. Damit wartet Stefanie Vögele weiterhin auf ihre erste Finalteilnahme bei einem WTA-Turnier. Mittlerweile hat sie bereits sechs Mal in der Vorschlussrunde verloren. 
Trotz der ärgerlichen Niederlage wird Stefanie Vögele in der Weltrangliste einige Plätze gut machen und wieder in den Top 70 geführt werden. 

Text von Fabio Baranzini, Bild von Facebook 

Freitag, 11. Juli 2014

Vögeles bestes Resultat seit Oktober

Stefanie Vögele (WTA 75) aus Leuggern hat nach einer schwierigen Phase ein Lebenszeichen von sich gegeben und in Bad Gastein die Viertelfinals erreicht. Dort blieb sie allerdings chancenlos.

Den Verlauf dieser Saison hatte sich die 24-jährige Aargauerin mit Sicherheit anders vorgestellt. Auf Rang 44 hatte sie das letzte Jahr abgeschlossen und war damit so gut klassiert wie nie zuvor in ihrer Karriere. Doch in diesem Jahr lief es ihr überhaupt nicht nach Wunsch. Bei 15 Auftritten im Hauptfeld eines WTA-Turniers verliess Vögele den Platz zehn Mal als Erstrunden-Verliererin. Mit ein Grund für die enttäuschenden Resultate waren sicherlich auch die privaten Probleme, mit denen die junge Aargauerin zu kämpfen hatte und deretwegen sie unter anderem auch ihre Teilnahme an der Fed-Cup-Partie gegen Brasilien abgesagt hatte.

Zwei Siege in Folge
Nun hat Stefanie Vögele im österreichischen Bad Gastein aber endlich wieder ein Lebenszeichen von sich gegeben und sich damit für das Aus in der ersten Runde von Wimbledon gegen die Wild Card Spielerin Jarmila Gajdosova (WTA 150) rehabilitiert. Zuerst bezwang sie in ihrem Auftaktmatch die Deutsche Julia Görges (WTA 95) mit 7:6, 6:2 und in der darauffolgenden Partie eliminierte sie mit Elina Switolina (WTA 35) gleich auch noch die Turniernummer 5. Vögele siegte mit 6:2, 7:5 und hatte dabei gar die Chancen, noch deutlicher zu gewinnen, denn sie führte im zweiten Satz bereits mit 4:1. Mit dem Sieg über die Ukrainerin gelangen Vögele erstmals seit Oktober 2013 wieder zwei Siege hintereinander.

Petkovic zu stark
In der Runde der letzten Acht traf Stefanie Vögele auf eine alte Bekannte, die Deutsche Andrea Petkovic (WTA 20). Gegen Petkovic hatte sie vor wenigen Wochen an den French Open in drei Sätzen verloren.
Auch diesmal war der Start in die Partie ausgeglichen. Beiden Spielerinnen gelangen je zwei Breaks, doch beim Stand von 3:3 konnte die Deutsche davon ziehen und den ersten Satz mit 6:3 gewinnen. Im zweiten Durchgang legte Vögele nach einer vierstündigen Regenpause mit Break 2:1 vor. Doch die Hoffnung war nur von kurzer Dauer. Die Aargauerin gewann in der Folge kein Game mehr und musste sich mit 3:6, 2:6 geschlagen geben.

Text von Fabio Baranzini, Bild von Facebook

Freitag, 16. Mai 2014

Tellerwäscher-Karriere ohne Happy End

Die Aargauer Fed Cup Spielerin Amra Sadikovic beendet mit 25 Jahren ihre Profikarriere. Ein Rückblick auf eine bemerkenswerte Laufbahn, die frühzeitig zu Ende ging.

Am letzten Mittwoch hat Amra Sadikovic in einer Medienmitteilung ihren Rücktritt vom Spitzensport bekannt gegeben. Damit zieht die aktuelle Weltnummer 289 im Alter von 25 Jahren einen endgültigen Schlussstrich. Es war ein Ende, das sich in den letzten Monaten abgezeichnet hatte.
Das Gespräch, in dem Amra Sadikovic über die Gründe ihres Rücktritts und über ihre Zukunftspläne Auskunft gibt, findet im Tennisclub Scherz statt. An dem Ort also, wo die Schweiz-Mazedonische Doppelbürgerin ihre bemerkenswerte Tenniskarriere einst lanciert hatte und wo sie heute Ehrenmitglied ist.

Zehn Mal Fed Cup
In bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen und ohne zahlungsfreudige Geldgeber im Hintergrund, hat sich Amra Sadikovic bereits als Juniorin an der nationalen Spitze etabliert. Zwei Mal wurde sie Junioren Schweizermeisterin und dies, obwohl sie keine Sportschule besucht hatte und obwohl sie bis zu ihrem 16. Altersjahr nie Turniere im Ausland bestritten hatte - dazu fehlte schlicht das Geld. Mit viel Einsatz, Selbstdisziplin und auch der nötigen Prise Egoismus hat sich Sadikovic nach oben gekämpft.
Die grossgewachsene Offensivkünstlerin schaffte es mit ihrer fürs Frauentennis unkonventionellen Spielweise bis auf Rang 179 der Weltrangliste, gewann acht Einzel- und 11 Doppeltitel und wurde zehn Mal für den Fed Cup nominiert. „Auf diese Nominationen bin ich besonders stolz. Als kleines Mädchen habe ich in der Saalsporthalle bei den Fed Cup Partien mitgefiebert und gedacht, wie cool es wäre, selber einmal dort zu spielen. Damals hätte ich aber nie geglaubt, dass mir das tatsächlich gelingt“, blickt Sadikovic zurück.

Auf eigene Faust
Doch genau die Eigenschaften, die Amra Sadikovic so weit gebracht haben, haben ihr auch den Weg ganz an die Spitze verbaut – vor allem nach dem Ende der Zusammenarbeit mit ihrem Coach Martin Sinner vor rund zwei Jahren. „Martin war der perfekte Coach. Unter ihm habe ich mein bestes Tennis gespielt. Alles was danach kam, waren Notlösungen. In dieser Phase war ich aber völlig beratungsresistent und habe mir von meinem Umfeld nicht helfen lassen“, urteilt sie kritisch.
Sadikovic wollte alles selbst in die Hand nehmen, wollte beweisen, dass sie auch so ihr Potenzial abrufen und die Top 100 knacken kann. Ein Unterfangen, das zum Scheitern verurteilt war. „Ich setzte mich zu sehr unter Druck und war zum Teil wirklich verzweifelt, hatte aber niemanden zum Reden, weil ich ja alleine unterwegs war“, sagt sie. Hinzu kamen immer wieder kleinere Verletzungen, die sie gebremst haben.
Sadikovic zog sich immer mehr zurück, kommunizierte nicht mehr mit den Medien und informierte auch ihre Fans nicht mehr über ihre Homepage. Ein untypisches Verhalten für die 25-Jährige, die dafür bekannt ist, dass sie gerne redet und immer einen lockeren Spruch auf Lager hat.

Wissen weitergeben
Mit dem Rücktrittsentscheid ist nun eine grosse Last von Amra Sadikovics Schultern gefallen. „Ich bin mega erleichtert, auch wenn immer noch irgendwo eine leise Enttäuschung mitschwingt, dass ich es nicht ganz geschafft habe.“ Sadikovic ist froh, dass ihre Familie, die für ihre Tenniskarriere auf Vieles verzichtet hat, positiv auf den Entscheid reagiert hat und sie weiterhin unterstützen wird.
Obwohl seit dem Rücktritt erst wenige Tage vergangen sind, steckt Sadikovic schon wieder voller Tatendrang. „In zwei Jahren will ich die Wettkampftrainer-B-Ausbildung abschliessen und mein Wissen an die Jungen weitergeben. Schliesslich sollen sie nicht dieselben Fehler machen wie ich“, sagt sie. Ihre Liebe zum Tennissport wird Amra Sadikovic also weiter ausleben können – wenn auch nicht mehr als Profispielerin.

Text und Bild von Fabio Baranzini