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Dienstag, 20. Dezember 2016

"Ich bin kein Roboter ohne Gefühle“

Nach zwei schwierigen Jahren hat Stefanie Vögele den Tod ihres Vaters soweit verarbeitet, dass sie sich wieder voll und ganz auf den Tennissport konzentrieren und die Rückkehr in die Top 100 ins Visier nehmen kann.

Stefanie Vögele, Sie haben das Jahr 2016 auf Rang 122 begonnen und auf Platz 114 beendet. Insgesamt haben Sie 57 Partien bestritten – 28 gewonnen, 29 verloren. Das sieht auf dem Papier nach einem durchschnittlichen Jahr ohne viel Spektakel aus.
Ja, das trifft es ganz gut. Ich wollte unbedingt zurück in die Top 100 und hatte das Jahr auch gut begonnen. Unter anderem erreichte ich in Istanbul die Halbfinals und war auf gutem Weg, mein Ziel zu erreichen. Nach Roland Garros zog ich dann aber eine schwache Phase ein, in der ich mein Potenzial nicht ausschöpfen konnte.

Im letzten Jahr haben die Schweizer Tennisspielerinnen viel von sich reden gemacht. Neben den beiden Topspielerinnen Timea Bacsinszky und Belinda Bencic ist auch Viktorija Golubic der Durchbruch gelungen, Rebeka Masarova hat in Paris und Gstaad für Furore gesorgt und Patty Schnyder erregte mit ihrem Comeback einiges Aufsehen. Sie sind dagegen fast etwas in Vergessenheit geraten. Hat Sie das geärgert?
Nein, überhaupt nicht. Es ist doch toll, wenn die Schweizer Tennisspielerinnen stark spielen. Gerade Viktorija hat lange dafür gekämpft, dass sie den Durchbruch schafft. Es ist daher absolut verdient, dass sie auch mehr in der Öffentlichkeit stand. Das hat mich nicht gestört.

Sie haben in der letzten Saison 29 Turniere gespielt. Damit liegen Sie über dem Durchschnitt der WTA-Tour. Von den Schweizer Profispielerinnen haben Sie gar am meisten Turniere bestritten. Wie kommt das?
Ja, ich habe wirklich sehr viel gespielt. Das werde ich im Hinblick auf die nächste Saison anpassen und vermehrt Trainingsblöcke einbauen. Dass ich in den letzten beiden Jahren so viele Turniere gespielt habe, war jedoch kein Zufall. Nach dem Tod meines Vaters durchlebte ich eine sehr schwierige Phase. Rückblickend betrachtet, habe ich wohl so viel gespielt, um mich abzulenken. Ich hielt es Zuhause nicht lange aus und reiste daher lieber ans nächste Turnier.

Wie haben Sie es geschafft, sich in dieser schwierigen Zeit trotzdem auf den Tennissport zu konzentrieren?
Das war nicht einfach. Es gab in den letzten zwei Jahren auch viele Matches, in denen mir das nicht gelungen ist. Nicht zuletzt deshalb bin ich auch im Ranking zurückgefallen. Aber am Ende war es dennoch das Tennis, das mir durch diese schwierige Zeit geholfen hat, obwohl die Resultate nicht so gut waren. Das war aber auch logisch, denn wenn ich mich nicht gut fühle, kann ich auch nicht erwarten, dass ich gut spiele. Ich bin schliesslich kein Roboter ohne Gefühle.

Haben Sie in dieser Phase daran gedacht, dem Tennissport den Rücken zu kehren?
Nein, das war nie ein Thema. Natürlich hätte ich auch eine Auszeit nehmen und nach einem halben Jahr oder einem Jahr mit einem Protected Ranking auf die Tour zurückkehren können. Aber das wollte ich nicht. Ich wollte Tennisspielen, auch wenn die Resultate nicht super waren und mich hin und wieder Selbstzweifel plagten. Aber ich definiere mich ja nicht über die Weltranglistenposition. Ich bin kein besserer Mensch, nur weil ich besser klassiert bin.

Wie geht es Ihnen heute?
Es geht mir wieder deutlich besser. Ich denke noch immer jeden Tag an meinen Vater, aber mittlerweile überwiegen die schönen Erinnerungen und ich werde nicht mehr jedes Mal traurig. Ich habe auch viel mit meiner Familie darüber gesprochen und die Hilfe eines Psychiaters in Anspruch genommen. Das hat mir sehr geholfen.

Sie sind in dieser schwierigen Zeit von Biel zurück nach Leuggern zu Ihrer Familie gezogen und haben die letzten drei Jahre auch dort trainiert. Welche Bedeutung hat der Ort für Sie?
Ich bin damals nach Leuggern zurückgekehrt, weil ich mehr Zeit mit meiner Familie verbringen wollte. Leuggern ist mein Zuhause. Es ist der Ort, an dem ich aufgewachsen bin und wo ich vom Tenniszirkus Abstand gewinnen kann. Ich kann abschalten und etwas mit meinen Kolleginnen unternehmen. Ich habe noch immer ein gutes Verhältnis zu meiner Mutter und sie freut sich immer, wenn ich da bin.

Trotzdem haben Sie sich entschieden, künftig mit Ihrem Trainer Ivo Werner in Prag und nicht mehr in Leuggern zu trainieren. Wie kam es dazu?
Vor rund einem Jahr habe ich mit meiner Kollegin Klara Koukalova in Prag trainiert. Es hat mir sehr gut gefallen und ich habe danach zwei gute Turniere gespielt. Im letzten Frühling war ich erneut dort und habe dann in Istanbul die Halbfinals erreicht. Ich habe gemerkt, dass es mir extrem hilft, wenn ich mit Spielerinnen auf meinem Level trainieren kann. Das ist in Prag problemlos möglich. Es sind meistens zehn bis fünfzehn starke Spielerinnen dort. Daher habe ich mich entschieden künftig in Prag zu trainieren. Nach drei Jahren in Leuggern fühle ich mich jetzt breit für etwas Neues.

Sie haben auch den Saisonaufbau in Prag bestritten. Welchen Schwerpunkt haben Sie gesetzt?
Mein Fokus lag auf dem konditionellen Bereich. Den hatte ich während meiner Zeit in Leuggern etwas vernachlässigt, da mir aufgrund der schwierigen privaten Situation oftmals die Kraft dafür gefehlt hat. Das will ich nun ändern, denn ich habe gemerkt, dass ich – je länger ein Turnier gedauert hat – immer mehr ans Limit gekommen bin. In den wichtigen Matches war die Luft draussen. Der Unterschied, wie ich mich in der ersten Runde bewegt habe und wie ich im Halbfinal unterwegs war, war viel zu gross. Ich bin daher überzeugt, dass ich die Top 100 in diesem Jahr knacken kann, wenn ich konditionell einen Sprung nach vorne mache.

Text und Bilder von Fabio Baranzini

Donnerstag, 27. Dezember 2012

Mit voller Kraft in die neue Saison

Bevor Stefanie Vögele (WTA 93) am Samstag in die neue Saison startet, blickt sie im Gespräch auf die letzten beiden Jahre zurück, nennt ihre Saisonziele und erklärt, weshalb sie trotz den vielen Reisen ihre eigene Wohnung nicht missen möchte.

Temperaturen über 20 Grad und vereinzelt Sonnenschein. So präsentiert sich das Wetter in Shenzhen, wo Stefanie Vögele seit knapp einer Woche weilt. Die 22-Jährige liegt aber nicht auf der faulen Haut, sondern lanciert beim erstmals stattfindenden WTA-Turnier in der chinesischen Provinz Guangdong bereits die neue Saison. 
Kurz vor ihrer Abreise nahm sich Stefanie Vögele im Nationalen Leistungszentrum in Biel, wo sie sich drei Wochen lang intensiv auf das neue Tennisjahr vorbereitete, Zeit für ein Treffen. Unter der Leitung von Ivo Werner, der sie mittlerweile seit sechs Jahren betreut, feilte die beste Tennisspielerin des Kantons an ihrem Spiel. „Die Zusammenarbeit mit Ivo ist nach wie vor super. Er begleitet mich oft an die Turniere und ist eine wichtige Bezugsperson“, sagt sie.
Bereits seit neun Jahren wohnt und trainiert die aus Leuggern stammende Vögele beim Schweizerischen Tennisverband in Biel, seit eineinhalb Jahren hat sie eine eigene Wohnung in der Uhrenstadt. Sie schätzt es, dass sie nicht wie viele andere Profis im nationalen Leistungszentrum wohnt, sondern am Abend in ihre eigenen vier Wände zurückkehren kann. „Es ist mir wichtig, dass ich nach dem Training abschalten kann und Zeit für mich habe“, erzählt sie.

Negative Gedanken verdrängen 
Die 22-jährige Aargauerin hat sportlich eine nicht ganz einfache Zeit hinter sich. Nachdem sie 2009 mit Rang 63 ihre beste Klassierung in der Weltrangliste erreichte, fiel sie ein Jahr später aufgrund verschiedener Verletzungen und unkonstanten Leistungen aus den Top 100. Danach spielte sie fast zwei Jahre lang vorwiegend abseits der grossen Tennisbühnen auf der ITF-Tour, kämpfte vergeblich um die Rückkehr in den erlauchten Kreis der besten 100 Spielerinnen. „Es war teilweise schon hart und fürs Selbstvertrauen war es sicher nicht förderlich“, blickt Vögele zurück. Sie musste lernen, die negativen Gedanken rund um ihre Ranglistenposition und die finanziellen Einbussen zu verdrängen und sich auf den Sport zu konzentrieren. Kein einfaches Unterfangen. 

Knoten geplatzt 
Die Wende kam in der ersten Qualifikationsrunde der US Open im August dieses Jahres. Nach einer schwachen Interclubsaison mit GC stand Stefanie Vögele auch in Flushing Meadows kurz vor dem Aus. „Ich spielte nicht gut und machte viele Fehler. Dann sagte ich mir, ‚jetzt musst du einfach Spass haben und alles andere vergessen’“, erzählt sie. Es funktionierte. Vögele gewann die Partie in drei Sätzen und qualifizierte sich fürs Hauptfeld. Danach spielte sie konstant gut bis Ende Saison und gewann zwei ITF-Turniere. Der Lohn: die Rückkehr in die Top 100.
Dadurch kann Stefanie Vögele nun bei allen WTA-Turnieren mindestens in der Qualifikation antreten und an den Grand Slam Turnieren steht sie gar direkt im Hauptfeld. „Das erleichtert mir die Planung enorm. Zudem bin ich in der ersten Runde noch frisch, da ich nicht drei Qualirunden in den Beinen habe“, beschreibt Vögele die Vorteile des besseren Rankings.

Im Kraftraum geschuftet
In dieser Saison soll es noch weiter nach oben gehen, vor allem aber will sie ihr Spiel verbessern und konstanter werden. „Gerade beim Aufschlag und im Kraftbereich habe ich noch viel Potential. Ich bin ja nicht gerade die Kräftigste“, meint die 22-Jährige schmunzelnd. Im Aufbau legte sie daher das Hauptaugenmerk auf das Krafttraining und absolvierte teilweise zwei Einheiten à zwei Stunden pro Tag. In der Folge steigerte sie auch ihr Tennispensum kontinuierlich, damit die Frühform stimmt. Denn nach dem Auftakt in China folgen mit den Australian Open Mitte Januar und dem Fed Cup im Februar bereits die ersten Highlights des neuen Tennisjahrs.  

Text und Bild von Fabio Baranzini