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Mittwoch, 11. November 2015

Der Sport wird zur Nebensache

Die Aargauerin Stefanie Vögele leidet immer noch unter dem Tod ihres Vaters. Im Gespräch mit der Aargauer Zeitung erklärt sie, was sich seit dem Schicksalsschlag verändert hat und wie sie die schwierige Saison erlebt hat.

Sentimentalitäten haben im Profisport keinen Platz. Das Geschäft ist knallhart. Wer nicht funktioniert, fliegt gnadenlos raus. Seit gut zweieinhalb Jahren kämpft die Aargauer Tennisspielerin Stefanie Vögele auf dem Platz nicht nur gegen ihre Konkurrentin, sondern auch gegen sich selbst. Ihr geliebter Vater er- krankte an Krebs, vor 14 Monaten ist Bruno Vögele gestorben. Die 25-Jährige war blockiert, konnte ihr Potenzial nicht mehr abrufen.
Vor zwei Jahren stand die Aargauerin auf Platz 42 der Welt. Vor vier Wochen war sie bis auf Rang 165 zurückgefallen. Doch so langsam findet sie wieder aus dem Tief. Sie hat sich gefangen und geht auch wieder als Siegerin vom Platz. Seit den Turnieren nach dem US Open im September geht es ihr besser. Das hat ihr Sicherheit auf dem Platz gegeben. Zwar sind ihre Resultate noch nicht berauschend gewesen, aber sie habe ein gutes Gefühl gehabt. "Das war wieder ein Anfang."

Leben hat sich total verändert
"Ich brauchte Zeit, um diese ganze Situation zu verarbeiten", sagt sie. Ihr Leben hat sich total verändert. Plötzlich wurden ganz andere Fragen in ihrem Leben wichtig. Sieg oder Niederlage auf dem Tennisplatz rückten in den Hintergrund. "Es wäre aber auch komisch gewesen, wenn ich keine Probleme damit gehabt hätte", sagt Vögele. "Und ganz werde ich den Tod meines Vaters wohl nie überwinden."
Obwohl die Situation schwierig gewesen ist, wollte sie zu keinem Zeitpunkt eine längere Pause einlegen oder gar aufhören. "Mir war lieber, an ein Turnier zu fahren und es zu versuchen, als zu Hause rumzusitzen. Denn das wäre noch viel schlimmer gewesen." Sie sei zu dieser Zeit schon etwas verloren gewesen. "Mein Vater hat mir sehr viel bedeutet", sagt sie. Vor allem auch im Tennis, er habe sie ja am meisten unterstützt. "Es war sehr schwer, diese Wurzeln zu verlieren, aber jetzt habe ich wieder Boden unter den Füssen", erklärt sie. "Ich kann nun damit besser umgehen und mich auf dem Platz besser konzentrieren." Ihre ganze Familie hat sehr unter dem Verlust gelitten. Deshalb hat Vögele auch Hilfe von aussen gesucht. "Ich bin zu einem Psychiater nach Basel gegangen, den hat mir meine Schwester empfohlen, jemanden, der überhaupt nichts mit Sport zu tun hat", erzählt sie. "Er hat mir sehr viel geholfen, obwohl ich noch nicht allzu oft bei ihm gewesen bin", sagt sie. "Wir haben geredet, er hat mir alles erklärt, auch dass es völlig normal und okay ist, dass ich leide."
Sie habe dann nur noch wenig in den Zeitungen gelesen. "Jetzt regen mich negative Artikel aber nicht mehr so auf, das ist nicht so wichtig", betont sie. "Bei Niederlagen störte mich, dass ich nicht frei spielen konnte, kein gutes Tennis gezeigt habe." Es sei aber zu diesem Zeitpunkt wichtiger gewesen, andere Blockaden zu lösen, als übers Tennis zu grübeln. "Jetzt bin ich froh, dass es mir wieder besser geht, und vor allem, dass ich einen Weg gefunden habe, damit umzugehen", sagt sie. Ihre Einstellung hat sich geändert, auch wenn es noch Zeit braucht. "Es war für mich unvorstellbar, dass meine Eltern sterben könnten ich dachte immer, sie leben ewig", blickt sie zurück. Jetzt sieht sie jeden Tag als Geschenk. Nur: Wenn sie nach ein paar Matches müde ist, fällt sie ins alte Muster zurück. "Manchmal rege ich mich über Sorgen auf, die gar keine sind", gibt sie zu. Sie müsse sich sagen, es sei ein Spiel, ein Sport. Manchmal sei halt die Gegnerin besser. "Wichtig ist, dass ich mit mir zufrieden bin."

Den Spass nie verloren
Spass an ihrem Sport hat sie eigentlich immer gehabt, auch wenn es nicht so ausgesehen hat. Schliesslich war Tennis seit je ihre Leidenschaft. Und als Kämpferin ist sie sowieso bekannt. Zuletzt hat sie sogar an zwei Fronten gekämpft. "Auf dem Platz und daneben, wo ich mein Herz wieder heilen, mich wieder finden musste." Auch innerhalb der Familie hat sich vieles zum Guten verändert. Jetzt kann sie ihr auch wieder Halt geben.
Inzwischen wohnt Vögele wieder in ihrem Elternhaus in Leuggern. Sie werde aber in Zukunft vermehrt Trainingstage mit anderen Spielerinnen einlegen, so wie zuletzt vier Tage in Prag. Mit diesen Kolleginnen, unter anderem der Luxemburgerin Mandy Minella, hat sie ein wenig über ihre Probleme gesprochen, aber nicht im Detail. "Ich wollte sie nicht mit meinen Problemen belasten. Schliesslich muss sich jede Spielerin auf den Sport konzentrieren."
Sportlich hat ihr das Turnier in Linz vor vier Wochen einen wichtigen Schub gegeben, mit vier Siegen in Folge. "Das habe ich mir gewünscht, wieder einmal viele Matches auf gutem Niveau zu spiele", sagt Vögele. Ihr Tennis sei aber durch den Schicksalsschlag sicher nicht schlechter geworden, meint sie. "Natürlich gibt es auch immer Dinge, die ich noch verbessern kann. Aber mein Aufschlag wird sicher nicht mehr Extraklasse."
Noch ist die Saison für Vögele nicht zu Ende. Gestern scheiterte sie in Limoges an Mandy Minella. Taipeh und Japan stehen noch auf dem Programm. Vögele versucht, sich auf der Weltrangliste noch um rund 20 Plätze zu verbessern. Dann bliebe ihr im nächsten Jahr beim Australian Open die Qualifikation erspart. Eine Woche Ferien macht sie auf der Rückreise von Asien mit ihrer Familie in Dubai, und dann gehts an die Vorbereitung für die nächste Saison. "Doch daran denke ich noch gar nicht, ich spiele jetzt einfach, wie es kommt", sagt sie.

Text von Michael Wehrle (Aargauer Zeitung), Bild von Fabio Baranzini

Samstag, 10. Oktober 2015

„Krass, wie schnell ich wieder nach oben kam“

Vor vier Monaten hat Amra Sadikovic nach einem Jahr Pause ihr Comeback auf der WTA-Tour gegeben. Nach nur gerade acht Turnieren gehört sie bereits wieder zu den Top 300 der Welt. Zuletzt spielte sie zwei Turniere in Amerika, wo sie unter anderem beim mit 75 000 Dollar dotierten Turnier in Albquerque die Halbfinals erreichte. Es war das erste Mal überhaupt, dass sie bei einem Event dieser Grösse in die Runde der letzten vier vorgestossen war – und das als Qualifikantin.
Zurück in der Schweiz erklärt Amra Sadikovic im Interview, weshalb sie das Comeback gewagt hat, spricht über die Bedeutung ihrer Familie und verrät, weshalb sie sich über einen Anruf von Belinda Bencic besonders gefreut hat.

Amra Sadikovic, Sie sind letzten Montag eine Woche früher als geplant von Ihrer Amerika-Tour nach Hause gekommen und das obwohl Sie sehr erfolgreich gespielt haben. Warum?
Amra Sadikovic: Bei meinem zweiten Turnier habe ich gemerkt, dass ihr sowohl körperlich als auch mental sehr müde war. Ich habe in den letzten Wochen sehr viele Matches gespielt. Allein in Amerika waren es deren 14 innerhalb von eineinhalb Wochen. Ich habe daher entschieden, dass ich das dritte Turnier auslasse und zurück in die Schweiz komme, um mich zu erholen und gut auf die nächsten Matches vorzubereiten.

Sie haben diese Woche also ein paar trainingsfreie Tage eingelegt?
Nein, nicht wirklich. Ich bin am Montagmittag gelandet und am Dienstagmorgen um Viertel nach sechs stand ich bereits wieder im Kraftraum. Das war allerdings nicht geplant. Wegen des Jetlags war ich jedoch morgens um vier bereits hellwach und musste unbedingt etwas tun. Ich glaube, ich war noch nie so früh im Kraftraum. Der Mann am Empfang hatte mich jedenfalls ziemlich verwundert angeschaut. (lacht) Aber die Vorbereitung für die nächsten Turniere hat schon diese Woche wieder begonnen.

Ihr Comeback ist bisher äusserst erfolgreich verlaufen. Hand aufs Herz: Hätten Sie gedacht, dass sie so schnell wieder zu den Top 300 gehören?
Nein, definitiv nicht. Es ist krass, wie schnell ich wieder nach oben kam. Ich hätte es mir viel schwieriger vorgestellt und ich habe auch damit gerechnet, dass ich vor allem am Anfang viele Matches verlieren werde.

Es fällt auf, dass Sie seit Ihrer Rückkehr auf die Tour kein einziges Match in der Qualifikation verloren und auch sonst sehr konstant gespielt haben. Wie kommt das?
Ganz ehrlich: Ich weiss es nicht. Momentan freue ich mich einfach auf jedes Match, das ich spielen kann. Dabei ist mir ziemlich egal, ob ich in der Qualifikation antreten muss oder direkt im Hauptfeld spielen kann.

Sie gewinnen plötzlich auch auffallend viele enge Matches. Das war in der Vergangenheit nicht immer so.
Das stimmt. Ich glaube, das hängt damit zusammen, dass ich viel weniger emotionale Up and Downs habe während eines Matches. Früher spielte stark und dann war alles super. Kurz darauf folgten zwei schlechte Games und dann brach für mich eine Welt zusammen. Jetzt versuche ich, immer weiter zu kämpfen und dran zu bleiben, auch wenn es nicht wie gewünscht läuft. Das hilft mir auch, mit Niederlagen gelassener umzugehen und ich stelle nicht mehr alles in Frage, nur weil ich ein enges Match verliere. Alles in allem bin ich wohl professioneller geworden, vor allem auch neben dem Platz.

Inwiefern?
Ich bereite mich viel bewusster auf ein Match vor. Das beginnt bereits am Abend vor dem Match. Ich mache mir Gedanken zur Taktik und schaue ein paar Tennisvideos von mir an, wo ich richtig gut gespielt habe. Vor dem Match laufe ich rund 30 bis 40 Minuten ein, damit ich bereit bin. Früher habe ich einfach ein paar Mal die Arme gekreist und stand dann auf den Platz. Auch nach dem Match nehme ich das Auslaufen, das Ausdehnen und die Regeneration viel seriöser als früher. Das tut mir wirklich gut und ich kann lockerer in die Matches gehen, weil ich weiss, dass ich in der Vorbereitung alles richtig gemacht habe.

Spielen Sie heute besser als während ihrer ersten Karriere? Das ist schwierig zu sagen. Was die Beinarbeit anbelangt, bin ich noch nicht ganz dort, wo ich schon einmal war. Aber meine Schläge und mein Timing sind viel besser früher.

Wie kommt das?
Ich glaube, das hängt ein Stück weit damit zusammen, dass ich nach meinem Rücktritt ein Jahr als Tennistrainerin gearbeitet habe. Ich habe in dieser Zeit viele Stunden auf dem Tennisplatz verbracht, habe unzählige Bälle geschlagen und musste mich für jede Lektion dem Spielniveau und dem Tempo meiner Schüler anpassen.

Ihre Rückkehr auf die Tour barg auch ein gewisses Risiko. Andere Spielerinnen stehen bereits mit 18 oder 20 in den Top 100. Sie dagegen haben den Durchbruch bis 25 nicht geschafft, haben dann ihren Rücktritt erklärt und gaben nach einem Jahr Pause im Alter von 26 ihr Comeback.
Das war tatsächlich kein einfacher Entscheid. Ich hatte damals einen super Job als Trainerin, der mir viel Spass gemacht hat. Dadurch ging es mir auch finanziell gut, was zuvor als Tennisprofi längst nicht immer der Fall war. Auch privat musste ich viel zurückstecken. Ich musste mich fürs Tennis und gegen mein Privatleben entscheiden. Das war schon hart. Aber am Ende war ich nicht ganz glücklich mit meiner damaligen Situation. Ich bereute es, dass ich mich als Profi zu oft unter Druck gesetzt und an mir gezweifelt habe, statt es zu geniessen und frei drauflos zu spielen. Das wollte ich unbedingt nachholen.

Wie hat ihr Umfeld reagiert, als Sie gesagt haben, dass Sie nochmals einen Anlauf als Tennisprofi nehmen wollen?
Ich war sehr froh, dass meine Familie und vor allem meine Eltern hinter mir standen. Das hat mir enorm geholfen. Auch sonst erhielt ich viele positive Rückmeldungen. Besonders gefreut habe ich mich über den Anruf von Belinda Bencic. Sie hat mir alles Gute gewünscht und hat sich gefreut, dass ich zurückkomme. Das fand ich sehr cool. Aber grundsätzlich befasse ich mich nicht mehr so viel wie früher mit dem, was die anderen von meinen Entscheidungen halten.

Seit Ihrem Comeback trainieren Sie nicht mehr im nationalen Leistungszentrum von Swiss Tennis in Biel, sondern in Baden bei Muhamed Fetov, der seit vielen Jahren ein guter Freund von Ihnen ist. Wie funktioniert diese Zusammenarbeit?
Wir kennen uns seit vielen Jahren und verstehen uns hervorragend. Sobald wir auf dem Platz arbeiten, ist Muhi aber ganz klar der Chef. Ich habe Respekt vor ihm und merke sofort, wenn ihm etwas nicht passt. Es hilft mir enorm, dass ich einen Coach habe, der mich sehr gut kennt und genau weiss, was ich brauche. Denn wenn man nicht weiss, wie man mit mir umgehen muss, dann ist es schwierig, mit mir zusammen zu arbeiten. Mit Muhi klappt das bisher super.

Da sie in Baden und nicht mehr in Biel trainieren, können Sie auch mehr Zeit bei ihrer Familie in Birr verbringen. Was bedeutet Ihnen das? Meine Familie ist mir mega wichtig. Wenn ich nach Hause komme und meine Familie und meine Schwester mit ihren beiden Töchtern besuche, kann ich Energie tanken. Sie sorgen dafür, dass bei mir alles im Gleichgewicht bleibt. Sie holen mich wieder runter oder bauen mich auf, je nachdem in welcher Situation ich mich gerade befinde. Diese Unterstützung ist sehr wichtig für mich, denn gerade während den Turnieren bin ich oftmals alleine unterwegs. Umso schöner ist es, danach wieder nach Hause zu kommen.

Hat sich eigentlich Fed-Cup-Coach Heinz Günthardt schon bei Ihnen gemeldet?
Ja, allerdings nicht, um mich für den Fed Cup zu nominieren. Er erkundigt sich regelmässig, wie es bei mir läuft und ob ich Unterstützung brauche. Es ist aber ganz klar mein Ziel, dass ich eines Tages wieder zum Fed-Cup-Team gehöre.

Wie sehen Ihre Pläne für den Rest der Saison aus?
Ich werde noch etwa sechs Turniere spielen. Die nächsten beiden werden in Kanada sein. Das Ziel ist es, dass ich mich bis etwa auf Rang 230 der Weltrangliste verbessern kann, damit ich im Januar erstmals die Qualifikation für die Australian Open bestreiten kann. Das wäre genial.

Interview und Bilder von Fabio Baranzini

Freitag, 1. November 2013

"Die Zeit mit der Familie wird mir immer wichtiger"

In der letzten Saison hat sich Stefanie Vögele (WTA 44) in der Weltrangliste um 69 Plätze nach vorne gearbeitet und ist die neue Nummer eins der Schweiz. Im Interview blickt sie auf ihre bisher erfolgreichste Saison zurück.

Stefanie Vögele, im Halbfinale von Luxemburg mussten Sie wegen einer Oberschenkelblessur aufgeben. Wie schlimm ist die Verletzung?
Stefanie Vögele: Ich habe mir einen Muskelfaserriss im linken Oberschenkel zugezogen und muss daher drei bis vier Wochen aussetzen. Meine geplanten Ferien werden dadurch gar etwas verlängert. So betrachtet ist der Zeitpunkt der Verletzung gar nicht so schlecht. (lacht)

Wie sehen Ferien bei Ihnen aus? Haben Sie nach den vielen Reisen während der Saison überhaupt noch Lust, ins Ausland zu gehen?
Letzte Woche verbrachte ich einige Tage mit Wellness im Schwarzwald. Obwohl, Ferien darf man dem ja fast nicht sagen, wenn ich nur gerade eine Stunde von zu Hause weg bin. Ich hatte jedoch keine Lust, wieder ins Flugzeug zu steigen, denn in dieser Saison bin ich schon genug gereist. Die restlichen Ferientage werde ich bei meiner Familie in Leuggern verbringen.

Wie wichtig ist Ihnen die Zeit mit Ihrer Familie?
Die wird mir immer wichtiger. Früher war ich manchmal froh, dass ich von zu Hause weg kam, aber jetzt geniesse ich die Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden umso mehr. Bei ihnen kann ich viel besser abschalten, als wenn ich allein in meiner Wohnung in Biel bin und die Abende vor dem Fernseher verbringe.

Sie können auf Ihre mit Abstand erfolgreichste Saison zurückblicken. Was war ihr persönliches Highlight?
Es gab verschiedene Höhepunkte, aber das Erreichen der dritten Runde an den French Open war schon speziell. Ich bin aber mit der ganzen Saison sehr zufrieden.

Im Vergleich zu früheren Jahren fällt auf, dass Ihre Leistungen konstanter geworden sind.
Ja, die Konstanz war der Schlüssel zum Erfolg. Ich konnte aber mein Spiel in allen Bereichen weiterentwickeln. Dennoch sind die guten Resultate nicht selbstverständlich. Nur weil ich einmal eine Spitzenspielerin geschlagen habe, kann ich nicht erwarten, dass es so weiter geht. Ich muss meine Leistung jedes Mal wieder bestätigen. Sobald ich nicht ganz auf der Höhe bin, reicht es nicht mehr. Das musste ich auf der Amerika-Tour im Sommer feststellen, als ich einige unnötige Niederlagen kassierte.

Wie schwierig war es, aus dieser Negativspirale auszubrechen? Nach der wenig erfolgreichen Amerika-Tour folgten ja auch noch zwei Erstrundenniederlagen in Asien.
Das ar in der Tat nicht ganz einfach. Vor allem weil ich jeweils mehrere Wochen unterwegs war und es nach einer Niederlage sechs oder sieben Tage dauerte bis zum nächsten Match.

Da blieb viel Zeit, um über Niederlagen nachzudenken.
Ja, es kam schon vor, dass ich am Abend oder auch noch am darauffolgenden Tag über eine Niederlage nachdachte. In solchen Situationen darf ich mich aber nicht runterziehen lassen und ein verlorenes Match als Weltuntergang betrachten. Das ist einfacher gesagt als getan, aber es gelingt mir immer besser. Ich bin mental stärker geworden und habe mehr Selbstvertrauen. Das zeigten auch die Halbfinalqualifikationen in Linz und Luxemburg, die direkt auf die Niederlagen in Amerika und Asien folgten.

Bei diesen beiden Turnieren haben Sie gleich fünf Mal in drei Sätzen gewonnen. Zufall?
Ich hatte schon immer die Tendenz, langsam zu starten. Vielleicht sollte ich jeweils vor meinen Matches einen Satz auf dem Trainingsplatz spielen, damit ich bereit bin. (lacht) Es ist ein gutes Zeichen, dass ich diese Matches alle gewonnen habe, aber ich muss unbedingt daran arbeiten, dass ich den Start nicht verschlafe.

Dank Ihren starken Leistungen stehen Sie vermehrt im Fokus der Öffentlichkeit und werden zu Anlässe wie beispielsweise dem Super10Kampf eingeladen. Geniessen Sie das?
Ich bin nicht jemand, der die Aufmerksamkeit sucht und sich selbst einlädt, um sich zu zeigen. Auftritte in der Öffentlichkeit gehören zu meinem Beruf und ich komme diesen gerne nach. Vor allem über die Einladung zum Super10Kampf habe ich mich sehr gefreut. Ich verstehe diese als Anerkennung für meine guten Leistungen in diesem Jahr auf. Umso schwieriger fiel es mir, dass ich wegen meiner Verletzung absagen musste. Jetzt schaue ich mir das Ganze halt von der Tribüne aus an und geniesse das Buffet.

Mit dem sportlichen Erfolg steigt nicht nur das Interesse der Öffentlichkeit sondern auch das Preisgeld. Sie haben in diesem Jahr 360'000 Franken verdient, was in etwa der Hälfte dessen entspricht, was Sie zuvor in neun Profijahren verdient haben. Was bedeutet Ihnen das?
Es ist sicher schöner, wenn man mehr verdient und beispielsweise bei Reisen nicht aufs Geld schauen muss. Ich spiele aber nicht Tennis wegen dem Geld. Ich sehe das mehr als Bonus dafür, dass ich meine Arbeit gut mache und gönne mir dann ab und zu etwas Schönes.

Text und Bild von Fabio Baranzini